Essener Westen/Südwesten. . Mit ihren Vorschlägen zur Unterbringung von Flüchtlingen fällt die Stadtverwaltung im Essener Westen und Südwesten bei der Politik weitgehend durch. Etark kritisiert wird ein fehlendes Gutachten.

Mit ihren Vorschlägen zur Unterbringung von Flüchtlingen fällt die Stadtverwaltung im Essener Westen und Südwesten bei der Politik weitgehend durch. Vor rund 40 Mitgliedern der Haarzopfer Bürgerinitiative (BI) „Haarzopf/Fulerum sagt Nein“ und Mitgliedern und Nachbarn des Altendorfer Hundesportvereins FVG MV Essen-West erhob die Mehrheit der Politiker auf ihrer Sondersitzung erhebliche Bedenken gegen den Bau von Unterkünften auf den umstrittensten Flächen im Bezirk III, der Haarzopfer Hatzper Straße/Spielkampsweg und der Altendorfer Nöggerathstraße. Entscheiden wird der Rat am 24. Februar.

Hatte die BI „Haarzopf/Fulerum sagt Nein“ vor rund zwei Wochen den Bezirksvertretern noch den Vorwurf gemacht, sie halte sich zur Flüchtlingsfrage im Bezirk vornehm zurück, so werden die Bürger nach der Sondersitzung ihre Meinung überdenken müssen. Allein eine eindreiviertel Stunde diskutierten die Politikern mit u.a. Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve und anderen hochrangigen Gästen der Verwaltung nur über die wohl kontroverseste Fläche im Essener Südwesten. Die Overtüre lieferte Dietmar Matzke von der Initive selbst: „Wir brauchen jeden Quadratmeter Natur und landwirtschaftliche Fläche für unsere Nachkommen und behalten uns rechtliche Schritte vor“, unterstrich er.

Eingriff in Natur- und Landschaftsschutz sowie die anvisierte Flüchtlingszahl von 600 Plätzen stießen rund zwei Dritteln des Gremiums so übel auf, dass sie die Fläche ablehnten. Die CDU sagt per se „Nein“ zur Bebauung des Ackers. Nicht weniger ausschlaggebend war für die Mehrheit ein fehlendes Gutachten, mit dem die Bedeutung der Fläche für das Luftklima der Stadt festgestellt werden soll. „Dies wird erstellt, wenn der Rat der Fläche zustimmt. Kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass hier nicht gebaut werden kann, wird dies auch nicht passieren“, so Wolfgang Golles vom Umweltamt.

Das war den Bezirksvertretern zu paradox. „Wie sollen wir das denn dann entscheiden?“, fragte Bernd Schlieper (EBB). Die Grüne Doris Eisenmenger schüttelte nur den Kopf: „Erst entscheidet man und dann informiert man sich?“ Sozialdemokratin Karin Sidiropoulos nannte den Umstand „eine Blamage für die Stadt“. Der parteilose Gero Kühn wollte sich nicht abspeisen lassen: „Hier wird suggeriert, dass nur über ein Gutachten abgestimmt wird. Aber wenn es irgend möglich ist, dann wird da gebaut und nach und nach entsteht im Umfeld Wohnbau“, war er sich sicher. Die BI allerdings befürchtet bereits geschaffene Fakten: Mitglieder teilten am Rande der Sitzugn mit, dass die Fläche bereits an die Stadt verkauft worden sei.

Geschlossen stellten sich die Politiker gegen die Bebauung der Altendorfer Nöggerathstraße 114 mit einer Einrichtung mit bis zu 200 Plätzen, die den Umzug des Hundesportvereins DVG nach rund 50 Jahren von der Fläche zur Folge hätte. „Der Hundesport soll dort weiter betrieben werden“, so SPD-Sprecher Günther Schröder. Sein CDU-Pendant Lothar Föhse ergänzte: „Allein schon, um den sozialen Frieden dort zu erhalten.“ Außerdem beunruhigten die Politiker zwei Druckgasleitungen, die im Erdreich verlaufen.

Auch Oasen-Grundstück wird kritisch gesehen

Auch für das ehemalige Grundstück der Oase an der Nöggerathstraße in Frohnhausen hat die Mehrheit der BV III andere Wünsche als eine Flüchtlingsunterkunft für 200 Personen. „Der bereits beschlossene Bau eines gemischten Quartiers und vor allem die geplante Kita sind uns sehr wichtig“, führte SPD-Sprecher Günther Schröder aus. EBB-Mann Bernd Schlieper ergänzte: „Die Siedlung soll mit Sozial-Mitteln gebaut und auch für Flüchtlinge vorgehalten werden.“

Überzeugen konnte er die BV-Kollegen mit einem weiteren Vorstoß: Sie fordern nun die Stadt auf, mit Thyssen-Krupp in die Verhandlungen um die Fläche Haeden­kamp-/Frohnhauser Straße als Ersatz für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft einzusteigen. Diese liegt neben einer noch geplanten Weiterführung des Berthold-Beitz-Boulevards, früher stand hier der Getränkemarkt Göken.

Der einzige Vorschlag der Stadt, dem man nicht gänzlich negativ gegenüber stand, war die Anmietung eines Gebäudes im Gewerbegebiet an der Münchner Straße in Holsterhausen, nahe des Funkturms. Doch auch hier gab es Bedenken. Schröder (SPD): „Wir möchten die genaue Anzahl der Bewohner wissen, im Umfeld sind unter anderem an der Pape- und Pferdebahnstraße schon sehr viele Menschen untergebracht.“

Die Hundesportler demonstrieren am Sonntag, 14. Februar, um 11 Uhr an ihrem Vereinsgelände für dessen Erhalt.