Essen. Arkadius L. hat seine schwangere Freundin getötet und ihr Kind aus dem Leib geschnitten. Das Essener Schwurgericht verurteilte ihn am Freitag.

  • Essener Schwurgericht hat Arkadius L. zur lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
  • Richter Andreas Labentz über die Tat : “Es ist ein Alptraum”
  • Obwohl Gericht bei allen Taten von einer Alkoholisierung ausging, verzichtete es auf Strafmilderung

Äußerlich gefasst nimmt Arkadius L. am Freitagnachmittag das Urteil entgegen, auch im Saal bleibt es ruhig. Lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung, so lautet am Freitag das Urteil des Essener Schwurgerichtes. Es ist sicher, dass der 33 Jahre alte Arkadius L. seine hochschwangere Lebensgefährtin und deren ungeborenes Kind ermordet hat.

Wegen der Gefährlichkeit des Angeklagten ordnet es auch die anschließende Sicherungsverwahrung an. Richter Andreas Labentz spricht von “einem Mann mit den zwei Gesichtern”, einem “Psychopathen, der aggressiv seine eigenen Interessen durchsetzt”.

Richter: “Es ist ein Alptraum”

Richter Labentz sparte nicht an eindeutigen Worten. “Es ist ein Alptraum”, sagte er zum Tod Mandys. Für die Familie sei es vielleicht ein Trost, dass sie schnell verstorben und die brutalen Verstümmelungen nicht erleiden musste. Labentz: “Es ist das Entsetzlichste, was wir in all den Jahren als Schwurgericht jemals gesehen haben.”

Obwohl das Gericht bei allen Taten von einer Alkoholisierung des Angeklagten ausging, verzichtete es darauf, die Strafen zu mildern. Arkadius L. habe durch seine Vorstrafen gewusst, dass er unter Alkohol zu aggressiven Taten neige. Deshalb sei ihm keine Milde zu gewähren. “Selbstverständlich”, so Labentz, müsse auch die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet werden, die der psychiatrische Gutachter Norbert Leygraf empfohlen hatte. Labentz: “Der Angeklagte ist der klassische Psychopath. Wenn man diese Tathandlung sieht, braucht man eigentlich keinen Sachverständigen.”

Die Staatsanwältin hatte am Freitagvormittag in ihrem Plädoyer lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert. Die Verteidigung plädierte: Kein Mord, kein Totschlag.

Das letzte Wort: Arkadius L. spricht von seiner “kleinen Familie” 

Relativ ruhig ging es bislang im Prozess um den gewaltsamen Tod der hochschwangeren Mandy M. (22) vor dem Essener Schwurgericht zu. Doch das letzte Wort des Angeklagten Arkadius L. (33) machte die Zuhörer zornig. Sie reagierten mit Murren und Zwischenrufen, als der Angeklagte liebevoll von seiner “kleinen Familie” sprach, die er getötet hatte. Richter Andreas Labentz drohte sogar, den Saal räumen zu lassen.

Arkadius L. hatte zunächst sachlich aufgelistet, für welche Anklagepunkte er sich schuldig fühlt. Dann kam er zur Tötung seiner Lebensgefährtin Mandy M, die er nach ihrem Tod verstümmelt und ihr den Fötus aus dem Leib geschnitten hatte: “Was meiner kleinen Familie angetan wurde, da bin ich schuldig.” Rührselig setzte er fort: “Ich liege stundenlang in meinem Bett und schließe meine Augen. Dann stelle ich mir vor, wie es ist, meiner kleinen Familie Geborgenheit zu schenken.” Das war zu viel. Mehrere Zuhörer, darunter auch die Eltern der Getöteten, verließen den Schwurgerichtssaal. Zum Teil mit Tränen in den Augen. Um 16.30 Uhr will das Gericht sein Urteil verkünden.

Drei Tage neben der Leiche in der Wohnung gelebt

Vor dem letzten Wort hatte die Verteidigung plädiert: Kein Mord, kein Totschlag. Wenn es nach Verteidiger Andreas Renschler geht, soll Arkadius L. lediglich wegen vorsätzlichen Vollrausches bestraft werden. Vor dem Essener Schwurgericht lehnte es der Rechtsanwalt ab, seinen Mandanten für die Tötung der hochschwangeren Mandy M. aus Essen-Altenessen wegen Mordes zu verurteilen. So hatte es zwei Stunden zuvor Staatsanwältin Elke Hinterberg beantragt.

Nachdem Arkadius L. am Mittag des 7. Juni seine Freundin erwürgte und erstach, den Leichnam verstümmelte und das ungeborene Kind aus dem Bauch der Toten schnitt, hatte er drei Tage neben der Leiche in der Altenessener Wohnung gelebt. Deshalb ist nicht bekannt, wie alkoholisiert er wirklich war. Nach seinen Trinkangaben errechneten Rechtsmediziner zur Tatzeit 5,3 Promille Alkohol im Blut. Ein theoretischer Wert. Die Staatsanwältin hatte daraus keine eingeschränkte Schuldfähigkeit abgelenkt, weil Arkadius L. sehr zielgerichtet vorgegangen und offenbar Herr seiner Sinne gewesen sei.

Das fordert die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer 

Arkadius L. soll so schnell nicht wieder in Freiheit kommen. Staatsanwältin Elke Hinterberg will den 33-Jährigen, der am 7. Juni 2015 seine hochschwangere Freundin Mandy tötete und ihr den Fötus aus dem Leib schnitt, wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt sehen. Außerdem soll das Essener Schwurgericht die anschließende Sicherungsverwahrung anordnen, forderte Hinterberg am Freitag in ihrem Plädoyer.

Nach sechs Prozesstagen steht das Schwurgericht kurz vor dem Abschluss des Verfahrens. Die grausame Tat des Angeklagten sorgt immer noch für vollbesetzte Zuhörerplätze im Saal, Familienangehörige der getöteten Mandy M. (22) sind darunter. Gefasst hören sie der Staatsanwältin zu. Noch heute will das Gericht sein Urteil verkünden.

Fast zweistündiges Plädoyer der Staatsanwältin

“Narzisstisch, egozentrisch und dissozial” nennt die Anklägerin den vielfach vorbestraften Arkadius L.. Sie bezieht sich dabei auf den psychiatrischen Gutachter Norbert Leygraf, der den Angeklagten als weiterhin gefährlich bezeichnet und deshalb die spätere Einweisung in die Sicherungsverwahrung empfiehlt.

Anklägerin Elke Hinterberg fordert lebenslange Haft plus anschließende Sicherungsverwahrung für Arkadius L..
Anklägerin Elke Hinterberg fordert lebenslange Haft plus anschließende Sicherungsverwahrung für Arkadius L.. © Ulrich von Born / FUNKE Foto Services

In ihrem fast zweistündigen Plädoyer verzichtet die Staatsanwältin auf jede Milde. Zwei Tötungsdelikte wirft sie ihm vor. Beim ersten Fall vom 25. Februar hatte das Opfer, eine seiner Freundinnen, die Tat überlebt. Frühmorgens, so Hinterberg, hätte Arkadius L. die schlafende 26-Jährige unvermittelt gewürgt und danach mit einem Teppichmesser versucht, sie zu töten. Das sei heimtückisch, so dass von einem versuchten Mord auszugehen sei.

Tod des Kindes gilt juristisch als Schwangerschaftsabbruch

Auch den Tod von Mandy M. und ihrem ungeborenen Kind am 7. Juni wertet Elke Hinterberg als heimtückischen Mord: “Sie hatte keine Chance.” Gewürgt hätte er die 22-Jährige und ihr mit einem Messer die tödlichen Verletzungen zugefügt. Der Tod des Kindes gilt juristisch als Schwangerschaftsabbruch, als Abtreibung.

Ausführlich beschrieb die Anklägerin auch, dass Arkadius L. Mandy M. nach ihrem Tod verstümmelte. Sie warf ihm vor, trotz seines Geständnisses nicht die volle Wahrheit gesagt zu haben. Denn es fehlen Körperteile und das Messer, vermisst werden auch 8000 Euro, die Mandy M. besaß. Arkadius L. war erst drei Tage nach der Tat in der Wohnung festgenommen worden. Was hatte er in dieser Zeit gemacht? Hinterberg: “Das bleibt die große Frage.” Der Angeklagte beruft sich auf Erinnerungslücken.

Bevor das Schwurgericht urteilen wird, müssen noch die Nebenklageanwälte und der Verteidiger plädieren.