Essen. . Reinhard Wiesemann sah sich gezwungen, das Unperfekthaus am Freitag zu schließen. Polizei und Ordnungsamt sind gegen Bürgerwehren.
Wegen der aufgeheizten Atmosphäre rund um die Gründung einer Essener „Bürgerwehr“ im Unperfekthaus, sah sich Gründer und Inhaber Reinhard Wiesemann am Freitag gezwungen, das Kreativzentrum in der nördlichen Innenstadt ab nachmittags zu schließen – zum ersten Mal seit Bestehen des Hauses, wie Wiesemann betont. Er habe wegen einer Demonstration der linken Initiative „Essen stellt sich quer“ vor dem Unperfekthaus die Sicherheit seiner Gäste und Mitarbeiter nicht garantieren können. Die Bürgerwehr-Gruppe hatte ihr Treffen bereits zuvor abgesagt.
Wiesemann, der jüngst den Titel „Bürger des Ruhrgebiets“ erhielt, sieht in der Schließung eine „Niederlage der Demokratie“, und zwar hervorgerufen durch Radikale im rechten wie im linken Spektrum. Es sei derzeit offenbar unmöglich, „gesittete Gespräche unter Menschen zu führen, die friedlich über ihre Meinungen streiten“. Wiesemann hatte um Verständnis für die „Bürgerwehr“-Initiatoren geworben, unter denen sich teils Rechtsradikale, teils aber auch normale Bürger befänden, deren Sorgen man ernstnehmen müsse. Gegen das Zulassen der Gründungsveranstaltung im Unperfekthaus hatte sich linker Protest formiert, es gab eine Demo. Die Essener Linkspartei drohte Wiesemann in einem Schreiben, im Wiederholungsfall würde das Unperfekthaus mit einem Boykott-Aufruf überzogen.
„Diejenigen, die so etwas propagieren, lähmen die Möglichkeit, Lösungen zu finden“, sagte Wiesemann. Das Unperfekthaus habe mit Nazis nichts zu schaffen (Wiesemanns Erklärung im Wortlaut). „Aber wir sind auch gegen selbsternannte Gutmenschen, die glauben, Menschen mit anderen Meinungen aus der Gesellschaft ausschließen zu müssen, so dass sich niemand mehr traut, mit ihnen zu reden.“
Polizeisprecher: „Wir sind gegen eine Bürgerwehr.“
Die Polizei dementierte am Freitag eine Behauptung von „Bürgerwehr“-Sprecher Pierre Müller, Beamte würden ins Unperfekthaus kommen, „um uns aufzuklären, was wir dürfen, können, sollen und was nicht“. Polizeisprecher Marco Ueberbach bestätigte zwar, dass eine entsprechende Einladung eingetroffen sei. Jedoch hätte definitiv kein Polizist an dem geplanten Gründungstreffen teilgenommen. Dazu habe man keinerlei Veranlassung – im Gegenteil: „Wir sind gegen eine Bürgerwehr.“
Damit ist die Polizei ganz auf Linie mit der Stadt, wie Ordnungsdezernent Christian Kromberg erklärte: „Klassische Bürgerwehren durchbrechen das staatliche Gewaltmonopol“. Das sei nicht hinnehmbar. Gruppierungen, die die Grenze zur Repression überschreiten, „sagen wir den Kampf an“, so Kromberg. Es sei durchaus notwendig, dass sich Bürger für die Sicherheit in ihrer Stadt engagieren – aber nur vorbeugend und in Zusammenarbeit mit anderen Gruppen und Institutionen in den Stadtteilen.
Gutes Beispiel: „Aktionsbündnis sicheres Altenessen“
Als Beispiel für gute Kooperation gilt das „Aktionsbündnis sicheres Altenessen“, dem es gelungen sei, gemeinsam mit Bürgern für ein besseres Sicherheitsgefühl zu sorgen.