Essen. . Die Stadt hat ihre Pläne für den Bau von Flüchtlingsunterkünften überarbeitet, doch Initiativen halten an ihrer Kritik fest. Haarzopfer kündigen Bürgerbegehren an.
Dass sie ihre Plakate wieder einrollen und zufrieden nach Hause gehen – nein, damit wird auch Oberbürgermeister Thomas Kufen nicht gerechnet haben, als er der Öffentlichkeit seine überarbeiteten Vorschläge zur Unterbringung von Flüchtlingen vorgelegt hat. Nun, da schwarz auf weiß auf dem Tisch liegt, was die Stadt vorhat, zeigt sich: Obwohl eine Reihe von Freiflächen nach genauerer Prüfung durchs Raster gefallen sind und die Verwaltung hier und dort ihre ursprünglichen Pläne revidiert hat, halten Bürgerinitiativen an ihrem Protest fest.
Allein die Kreisbauernschaft nimmt Druck aus dem Kessel. „Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagt deren Vorsitzender Christoph Ridder. Bleibt der größte Teil der landwirtschaftlichen Flächen doch von einer Bebauung verschont. Allein ein 23 000 Quadratmeter großer Acker am Spielkampsweg/Hatzper Straße in Haarzopf steht weiterhin auf der Liste potenzieller Asyl-Standorte. Auch an der Wallneyer Straße in Bredeney könnte Bauernland mit Flüchtlingsunterkünften bebaut werden, wenn eine noch ausstehende Artenschutzprüfung dies denn zulässt. Werden sich die Landwirte weiter in den Protestzug der Bürgerinitiativen einreihen? „Der Druck bleibt hoch“, sagt Ridder.
„Landschaftsschutzgebiet bleibt Landschaftsschutzgebiet“, betont Angelika Weihnacht von der Bürgerinitiative, die sich der Rettung des Hexbachtals in Bedingrade verschrieben hat. Zwar korrigierte die Verwaltung gestern ihre Aussage, wonach es sich bei fünf der verbliebenen Freiflächen, die für eine Bebauung weiterhin in Rede stehen, um Landschaftsschutzgebiete handelt; tatsächlich gelte dies nur für zwei. Das malerische Hexbachtal aber zählt in jedem Fall dazu.
Die Planungsverwaltung hat dort nun eine 21 000 Quadratmeter große Fläche ausgeguckt. Wo einst eine Ziegelei stand, sind Büsche und Bäume in die Höhe gewachsen. Das Gelände soll gerodet werden, von den weitläufigen Ackerflächen will die Stadt die Finger lassen. Die Bürgerinitiative gibt sich damit nicht zufrieden. „Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass sich Alternativen finden “, sagt Angelika Weihnacht.
In den sozialen Netzwerken wird bereits wild darüber spekuliert, warum die Planer nicht auf ein 40 000 Quadratmeter großes Gelände an der Heißener Straße zurückgreifen, das der Eigentümer der Stadt zum Kauf angeboten hat. Das Baugesetzbuch lasse dort eine kurzfristige Bebauung gar nicht zu, heißt es dazu im Planungsamt. Dafür bedürfe es eines zeitaufwendigen Bebauungsplanverfahrens. Denn die Fläche liege im Außenbereich, fernab der bestehenden Siedlungsgrenze.
Sollte die Stadt sich nicht diese Zeit nehmen? Christian Kallweit von der Bürgerinitiative „Pro Landschaftsschutz Leithe“ warnt vor Schnellschüssen nicht nur in Bedingrade. „Die Entscheidungen sollten nicht übers Knie gebrochen werden.“ Auch in Leithe wollen Bürger nicht kleinbeigeben. Zwar sind auch im Essener Osten Freiflächen als potenzielle Asylstandorte durchs Prüfraster gefallen; etwa am Isinger Bach. „Aber was passiert, wenn der Flüchtlingsstrom nicht abreißt?“, fragt Christian Kallweit.
Das Misstrauen ist groß auf Seiten der Bürgerinitiativen, dass bald wieder auf der Tagesordnung stehen könnte, was gerade erst hinten runtergefallen ist.
Auch in Haarzopf und Fulerum. Sollte der Rat der Stadt dem Vorschlag der Verwaltung zustimmen, will die Bürgerinitiative „Haarzopf/Fulerum sagt Nein“ den Beschluss kippen. „Wir gehen in jedem Fall in Richtung Bürgerbegehren“, kündigt Sprecher Daniel Reinhardt an. Dass die Stadt weitere 600 Flüchtlinge an der Hatzper Straße unterbringen will zusätzlich zu zwei bestehenden Asylunterkünften im Ortsteil, hält Reinhardt für nicht vertretbar. „Das läuft jeder Integration entgegen.“
Die Stimmung im Stadtteil bleibt hitzig. So hitzig, dass sich ein Landwirt, der unweit der Hatzper Straße seinen Acker bestellt, böse Worte anhören muss. Dabei will er gar nicht verkaufen; er ist nicht einmal der Eigentümer der für eine Bebauung in Rede stehenden Fläche.