Essen. . Seit drei Jahren ist eine Kita in Holsterhausen zweisprachig. Von den muttersprachlichen Erzieherinnen lernen die Kinder ganz nebenbei Spanisch.
105 Kinder besuchen die Kita an der Barthel-Bruyn-Straße in Holsterhausen – und die meisten lernen schon Spanisch. Was vor drei Jahren mit einer Pilotgruppe begann, hat sich zum nachgefragten Angebot entwickelt. Und zwar nicht nur für Kinder aus wohlhabenden und/oder ehrgeizigen Elternhäusern, wie Ursula Altenfeld klarstellt. Sie leite keine Elite-Einrichtung, im Gegenteil: „Die Hälfte der Familien hier bezieht Sozialleistungen.“
Außerdem stammen viele ihrer Schützlinge aus der Türkei oder dem Libanon, Sri Lanka oder dem Irak, wachsen also bereits zu Hause mit zwei Sprachen auf. „Die Kinder profitieren enorm, die werden hier mitgerissen.“ Das liegt wohl auch daran, dass die Kita auf die sogenannte Immersions-Methode setzt, bei der Sprache nicht gepaukt, sondern nebenbei im Alltag vermittelt wird: In den zweisprachigen Gruppen spricht eine pädagogische Kraft stets Deutsch, die andere ausschließlich Spanisch. Das funktioniert ganz beiläufig und natürlich, weil nur Muttersprachlerinnen eingesetzt werden.
Drei der fünf Gruppen arbeiten inzwischen mit einem bilingualen Team, „was sogar kostenneutral ist, weil ohnehin jede Gruppe zwei Betreuerinnen hat“, wie Ursula Altenfeld betont. So bestechend das Modell ist, ein Selbstläufer ist es nicht. Zwar findet die Kita Personal aus Spanien oder aus Südamerika, die offizielle Anerkennung der ausländischen Abschlüsse aber gestaltet sich so schwierig wie langwierig. Wie bei der jungen Frau, die in Spanien bereits einen Bachelor in Sozialer Arbeit gemacht hatte, aber hier noch einmal zur Fortbildung an die Uni zurückkehren und zwei Jahre als bloße „Ergänzungskraft“ arbeiten musste, bevor sie als Sozialarbeits-Kraft anerkannt wurde.
Zwei spanische Grundschullehrerinnen wiederum sollen erst ein Anerkennungsjahr machen, weil Lehrer hierzulande nicht im Elementarbereich, also in Kitas, arbeiten sollen. Niemand fordere, dass schlechter qualifizierte Kräfte auf Kinder losgelassen werden, betont Prof. Anja Weiß, die das Projekt an der Barthel-Bruyn-Straße als Mutter und Wissenschaftlerin begleitet. „Aber da werden Besonderheiten des deutschen Bildungssystems eins zu eins aufs Ausland angewendet.“ Mit der Folge, dass fast niemand den Anforderungen genüge.
Ursula Altenfeld hat inzwischen eine Kooperation mit einer Fachschule in Velbert aufgebaut, um ihre ausländischen Kräfte nachzuqualifizieren. Auf die Arbeit mit den Muttersprachlerinnen will sie keinesfalls verzichten. Denn wenn diese mit den Kindern sprechen, nehmen die gleichsam ein Sprachbad, lernen die Worte und den richtigen Klang. Toleranz, Respekt vor anderen Kulturen und eine Extraportion Selbstbewusstsein gebe es obendrauf. „Viele Kinder verinnerlichen die neuen Kenntnisse so, dass sie zu Hause den Eltern schon mal auf Spanisch antworten.“
Die erste zweisprachige Kita-Generation ist jetzt an der benachbarten Cranach-Grundschule, die sich ein spanisches Profil zugelegt hat. Wie unbefangen die Frühstarter mit der Fremdsprache umgehen, erlebt Cristel Kroneberg, die aus Chile stammt, und an der Cranachschule unterrichtet: „Die Kinder schämen sich nicht für einen Fehler, die reden einfach drauf los.“