Essen. Ruhr Museum zeigt Ausstellung zu „Rock und Pop im Pott“. Erzählt wird große Essener Musikgeschichte von den legendären Songtagen bis zum Rockpalast.
London, Liverpool, Manchester, Essen. Essen? Es soll ja Leute geben, die bei dieser Reihung bedeutsamer Musikstädte erst mal die Stirn runzeln. Eine aufschlussreiche Ausstellung im Ruhr Museum wird ab Mai all jene Lieder, Bilder, Moden und Erinnerungen liefern, die die glorreichen Zeiten von „Rock und Pop im Pott“ wieder aufleben lassen. Das Museum schlägt damit nicht nur ein großes Kapitel der Musik-, sondern auch der Zeitgeschichte auf, es erinnert an das in den 1960ern und 70ern so prägende Zusammenspiel von Rock’n’ Roll und Revolte, an Sex und Drugs und Rebellion, die nicht nur bei den legendären Essener Songtagen 1968 für einen Woodstock-Vorgeschmack unter städtischer Federführung sorgten – bei dem damals ersten großen Folk- und Rockfestival(!) in Europa.
Reichtum der Ruhrgebietsszene
Erinnert wird auch an Namen, die jeden gestandenen Musikfan heute noch in Ehrfurcht erstarren lassen: Rolling Stones, Frank Zappa, Pink Floyd, Deep Purple, sie alle haben damals in Essen aufgespielt. Letztere sollen 1969 für schlappe 2200 Mark beim Internationalen Essener Pop und Bluesfestival in der Grugahalle aufgetreten sein. Der „Rockpalast“ wurde wenige Jahre später eine Institution. Ab 1977 ging die Verkündigung „Tschörman Telewischen prautli prisents“ von Essen aus in die Welt.
Aber nicht nur an das „Who is Who“ der Rockszene wird im Ruhr Museum erinnert. Präsentiert wird der gesamte Reichtum der Ruhrgebiets-Szene bis heute, der nicht nur Stars wie Nena (Hagen) und Herbert Grönemeyer (Bochum) hervorgebracht hat, sondern unzählige andere Bands und Strömungen, von Krautrocker „Franz K.“ aus Witten bis zu „Geier Sturzflug“ aus Bochum/Essen. Lokalmatadore wie Stoppok und Extrabreit werden zur Ausstellungs-Eröffnung in Essen aufspielen, das ganze Jahr über gibt es weitere Konzerte von Ruhrgebietsgruppen.
Rock und Pop auf Zollverein, das ist keine überraschende Verbindung. Weil hier eben nicht allein die Erinnerung an Kohle und Stahl zu Hause ist, sondern das „Gedächtnis des Ruhrgebiets“. Und das ist so vielfältig und groß, dass den Programmmachern die Ausstellungs-Ideen noch lange nicht ausgehen. Auf den „Rock und Pop im Pott“ wird 2017 „Der geteilte Himmel“ folgen, eine Ausstellung zu „Reformation und religiöser Vielfalt an Rhein und Ruhr“. Gefeiert wird 2017 auch der Titel „Grüne Hauptstadt“ in Essen. Die zentrale Sonderschau wird ebenfalls im Ruhr Museum stattfinden, denn Essen könne auch in puncto Gartentradition einen ungemeinen Reichtum aufweisen, sagt Museumschef Theo Grütter – angefangen vom historischen Kaiser-Wilhelm-Park in Altenessen über die großen Industriellen-Grünanlagen wie der Hügelpark, von der Gruga bis zu den begrünten Halden.
2018 steht dann die Kohle im Mittelpunkt. Wenn der Steinkohlebergbau im Revier endgültig zu Ende geht, wird das Ruhr Museum die große Abschieds-Ausstellung ausrichten. Und weil das Gedächtnis des Ruhrgebiets“ für vieles Platz haben muss, soll im neuen Jahr endlich der Ausbau der ehemaligen Salzfabrik der Kokerei Zollverein zum Schaudepot auf den Weg gebracht werden. Dann wären die an vielen Stellen der Stadt untergebrachten Exponate unter einem Dach versammelt – und wohl ab 2018 als großes Schaufenster zu besichtigen. „Ein Quantensprung fürs Museum“, sagt Grütter. Und ein weiterer Publikumsmagnet.
Großer Zuspruch fürs Ruhr Museum
Das Ruhr Museum auf der Welterbezeche Zollverein freut sich auch im sechsten Jahr nach der Eröffnung über weiter steigendes Publikumsinteresse. Mit 220 000 Besuchern liegt die Zahl auch 2015 weit über den Erwartungen. Im Jahr zuvor wurden insgesamt zwar noch 30 000 Besucher mehr gezählt, für das Plus sorgte 2014 allerdings die große „1914“-Ausstellung in der benachbarten Mischanlage der Kokerei Zollverein. Dass die Zahlen im Ruhr Museum auch ohne spektakuläre Sonderschauen 2015 weiter gesteigert werden konnten, ist für Museums-Direktor Theodor Grütter besonders erfreulich. Insgesamt haben seit der Eröffnung 2010 schon 1,5 Millionen Menschen das Regionalmuseum auf Zollverein besucht, im Schnitt eine Viertelmillion pro Jahr.