Essen.. Die Geschädigte geht von Totalschaden aus: Teilediebe schraubten in Rüttenscheid Motorhaube, Stoßstange, Scheinwerfer, Grill, Lenkrad, Airbags und noch mehr ab.
Als Melanie Busenius aus der Rüttenscheider Manfredstraße am Donnerstag um kurz nach halb sieben mit ihrem 116er-BMW zur Arbeit fahren will, traut sie ihren Augen nicht. Der Flitzer ist komplett zerlegt und demontiert worden – offenkundig das gezielte Werk von Autoteile-Dieben. Eine spektakuläre Tat – vermutlich eine Auftragsarbeit – , die sie zuerst sprach- und dann fassungslos macht. „Ich stand vor dem Wrack und mir kamen die Tränen“, sagt die Mitarbeiterin der FOM-Fachhochschule.
Selbst den Polizisten und dem Kfz-Sachverständigen, die später den Schaden aufnehmen, gehen vor Entsetzen die Kinnladen herunter. „So etwas haben selbst sie noch nicht gesehen“, sagt Thomas Gbur, der Partner der Geschädigten (zur Bildergalerie mit Fotos vom Wrack).
Und das wurde im einzelnen abgeschraubt: außen die Motorhaube, beide Scheinwerfer, die Stoßstange, der Grill, drinnen Fahrer-, Beifahrer- und Seiten-Airbags, Lenkrad, die Verkleidungen von Schaltknüppel und Handbremse sowie Scheckheft und Betriebsanleitung.
„Das Auto ist allenfalls noch mit einer Rohrzange zu steuern“
Weil der BMW seit dem Abend davor auf einem privaten Anwohnerparkplatz direkt vor dem Mehrfamilienhaus Manfredstraße 29 parkte, vermag sich Thomas Gbur auszumalen, wie professionell die Täter vorgegangen sind. „Sie müssen in der Finsternis ohne Licht und obendrein sehr leise gearbeitet haben.“
Einen Tag danach reagieren Melanie Busenius und Thomas Gbur mit einer Mischung aus Zynismus und Sarkasmus auf den Kriminalfall: „Das Auto ist allenfalls noch mit einer Rohrzange zu steuern.“
Der 116er mit grauer Karosserie ist gut vier Jahre alt, hat 125 Pferdestärken und befindet sich seit zwei Jahren in Melanie Busenius’ Besitz. „Ich habe den Wagen für 15 000 Euro gekauft, bis Mittwoch dürfte er noch einen Wert von 12.000 Euro gehabt haben.“ Und nach der dreisten Demontage-Aktion? „Das Gutachten steht noch aus, aber alles spricht dafür, dass es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt“, sagt Thomas Gbur, von Beruf IT-Spezialist bei einem großen Energieunternehmen. Allein die Beschaffung aller Ersatzteile dürfte mit 10.000 Euro zu Buche schlagen, hinzu kämen noch die Montagekosten über mehrere tausend Euro.
Bemerkenswerte handwerkliche Präzision
Was das Paar so verblüfft, ist die bemerkenswerte handwerkliche Präzision der Auto-Marder. „Da wurde demontiert, aber nicht mit roher Gewalt demoliert“, sagt Gbur. Stecker seien sauber abgezogen worden, nichts wurde gewaltsam herausgerissen, im Innenraum wimmelte es vor Schrauben.
Die Polizei tappt momentan noch im Dunkeln. Fest stehe lediglich, dass es keine Verbindung gebe zu dem internationalen Autoknacker-Ring, dem die Polizei vor zwei Monaten in einer Aufsehen erregenden Großrazzia das Handwerk legte. Es gab damals 47 Festnahmen und 400 Straftaten konnten aufgeklärt werden. In einer Lagerhalle nahe dem Autokino in Bergeborbeck hatten ein halbes Dutzend Banden das Diebesgut gesammelt: hochwertige Navis, teure Radios oder Airbags – gestohlen bei Hunderten Pkw-Aufbrüchen an Rhein und Ruhr. Mit Transportern ging die heiße Ware dann an litauische Großhändler.
Das ermittelnde Kriminalkommissariat erbittet im Fall 116er-BMW sachdienliche Zeugenhinweise unter der Telefonnummer 0201/829-0.