Essen. . RWE-Vorstand Welling weist die Forderung nach einer Erhöhung der Stadionpacht zurück und wirft der Stadt Essen ein fragwürdiges Geschäftsgebaren vor.

„Zwei Farben, eine Stadt. . .“ – so singen die Fans von Rot-Weiss Essen. Nun deutet alles darauf hin, dass es zu einem offenen Zerwürfnis kommen könnte zwischen der Stadt Essen und ihrem Traditionsverein. Dieser wies am Dienstag das Ansinnen der städtischen Grundstücksverwaltung (GVE), erneut über den erst 2014 abgeschlossenen Pachtvertrag für den Spielbetrieb im Stadion Essen zu verhandeln, mit Vehemenz zurück.

Der Verein sei nicht bereit, über eine einseitige Verschlechterung der Pachtbedingungen zum Nachteil von Rot-Weiss Essen zu sprechen, ließ Vorstand Michael Welling die GVE wissen. In einem siebenseitigen Schreiben spart Welling nicht an Kritik: Das Vorgehen der städtischen Tochtergesellschaft sei „symbolisch bedenklich, juristisch zweifelhaft und betriebswirtschaftlich fragwürdig“.

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Wie berichtet, will GVE-Geschäftsführer Dirk Miklikowski auf Drängen des Stadtrates eine feste Pacht in Höhe von 200 000 Euro pro Jahr durchsetzen, um die davon galoppierenden Kosten für den Betrieb des Stadions einzufangen – 1,5 Millionen Euro muss die Stadt für 2016 aufbringen. Vereinbart worden war mit RWE eine am Umsatz orientierte Pacht, „damit der Eigentümer des Stadions von der wirtschaftlichen Entwicklung des Vereins profitieren kann“, woran Welling in seinem Schreiben erinnert.

Spätfolge des Skandals um den Stadionbau

Durchschnittlich zahlte RWE 100 000 Euro pro Jahr an die GVE 65 000 Euro davon flossen jedoch zurück an den Verein für eine Loge, die der Sparkasse als Sponsor des Stadions zusteht. So hatte es RWE mit dem inzwischen geschassten Geschäftsführer der städtischen Tochtergesellschaft, Andreas Hillebrand, ausgehandelt. Ein später von der GVE eingeschalteter Gutachter nahm daran zwar keinen Anstoß, Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve aber sagt: „Ich hätte so etwas nie unterschrieben“.

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Die aktuelle Diskussion um die Betriebskosten darf auch als Spätfolge des Skandals um den Stadionbau gewertet werden. RWE sieht sich dabei einmal mehr zu unrecht im Fokus. Dass die GVE mit der Kündigung des Pachtvertrages zum Ende des laufenden Jahres drohe, sei geschäftsschädigend für den Verein. In Frage stehe nicht zuletzt die Lizenz für die kommende Saison, muss RWE dafür doch eine Spielstätte nachweisen.

Frauenfußball-Bundesligist zahlt 2000 Euro pro Spiel

Die SG Essen-Schönebeck, neben RWE zweiter Dauernutzer des Stadions, hat eine vergleichbare Forderung bislang nicht erreicht. 2000 Euro zahlt der Frauenfußball-Bundesligist pro Spiel in der Arena. Geschäftsführer Willy Wissing geht nach eigenen Worten davon, aus dass auch sein Verein bald Post von der GVE bekommt. Dennoch zeigt Wissing sich überrascht: „Die Betriebskosten fallen schließlich nicht vom Himmel.“

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Wohl wahr: Bereits in einem Beschlussentwurf der Verwaltung für den Rat der Stadt aus Oktober 2010 heißt es: „Die Kosten für den Stadionbetrieb können (...) von den Vereinen erst ab den Profiligen vollständig getragen werden.“ Seinerzeit bewilligte der Rat einen städtischen Zuschuss in Höhe von 500 000 Euro pro Jahr. Doch die Rechnung ging nicht auf. Warum? Die Gründe sind hausgemacht: Drittveranstaltungen sind nicht kostendeckend. Ein Contracting-Vertrag mit dem Energieriesen RWE über die Zahlung von 2,6 Millionen mit denen sich die GVE kurzfristig Luft beim Stadionbau verschafft hatte, geht voll zu Lasten der Betriebskosten; insgesamt 5,5 Millionen Euro sind zurückzuzahlen. Und dass ein Spiel unter Flutlicht vor 350 Zuschauern in der Frauenfußball-Bundesliga die Kosten bei weitem nicht einspielt, dürfte auch Laien nicht überraschen.

Allein die Linksfraktion hatte 2010 mahnend den Zeigefinger gehoben: Die Beschlussvorlage der Verwaltung lasse eine nachvollziehbare Kalkulation der Betriebskosten vermissen. Zwei Jahre später beantragten SPD, CDU, Grünen, FDP und EBB, dass darüber hinausgehende Kosten durch Einnahmen aus der Vermarktung des Stadions zu decken seien. Als ließe sich Geld mal eben so beschließen.