Essen. Misshandelt, missbraucht, vernachlässigt: Die Kleinen in der Notaufnahme „Spatzennest“ des Kinderschutzbundes brauchen Unterstützung. Die NRZ-Spendenaktion zu Weihnachten ist gestartet.
Ihr Papa ist tot. Ihre Mama todkrank. Anna ist acht. Und am Anfang ihres Lebens schon am Ende ihrer Kräfte. Sie hat keine Geschwister, keine Unterstützer. Sie allein pflegt ihre Mutter daheim, kennt all die Medikamente, ihre Namen, die genaue Dosierung. Anna opfert sich auf, so gut es geht. Doch es geht nicht gut. Die tückische Krankheit lässt sich nicht besiegen.
Die Mutter kommt in ein Hospiz, Anna ins „Spatzennest“, der Notaufnahme des Kinderschutzbundes. Dort soll die Achtjährige erst einmal Ruhe und sich selbst finden, lernen, dass sie eben solche Bedürfnisse hat wie die anderen 20 Kinder, die misshandelt, missbraucht, verwahrlost oder als Opfer schlimmer Schicksalsschläge in Altenessen ein sicheres Zuhause auf Zeit gefunden haben: Der geistig behinderte Justin (4), der von seiner psychisch kranken Mutter verprügelt wurde. Der zweijährige Marc, der sein Bett nie verlassen durfte, weil er dann im Weg war. Die zurückgebliebenen drei Jahre alten Zwillinge, die die Polizei aus einer vermüllten Wohnung befreite. Die Zweijährige aus einer Bereitschaftspflegefamilie, die mit der Betreuung des Kindes drogenkranker Eltern völlig überfordert war.
Sie werden mehr und sie werden jünger und längst nicht alle finden einen Platz an der II. Schichtstraße. 110 Kinder mussten in diesem Jahr bereits abgewiesen werden. So viele wie noch nie zuvor, sagt Martina Heuer, die als Leiterin der Einrichtung die Entwicklung kennt, die sich hinter den horrenden Zahlen versteckt: „Extreme körperliche Gewalt und psychisch kranke Eltern sind immer häufiger die Aufnahmegründe.“
Misshandelt, missbraucht, vernachlässigt
Die Notaufnahme ist seit Jahren bis unters Dach dauerbelegt, der Kinderschutzbund plant den Neubau eines weiteres „Spatzennest“ für die kleinsten der Schutzbedürftigen, die alle einmal mehr auf die Unterstützung der NRZ-Leserinnen und -Leser hoffen.
Viele dieser Kinder werden in wenigen Wochen zum ersten Mal in ihrem Leben ein Fest ohne Frust, einen Heiligabend ohne Heulen, eine Weihnacht voller Wärme und mit Präsenten erleben, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, den kleinen Bewohnern der Notaufnahme schenken können. Nicht nur Martina Heuer ist noch heute begeistert von der Spendenbereitschaft im vergangenen Jahr. Über 300 liebevoll verpackte Geschenke kamen an. Außerdem wurden rund 30.000 Euro auf das Konto des Kinderschutzbundes überwiesen.
In manchem Präsent fand sich ein neues Selbstwertgefühl. Schon die Kleinsten sind superstolz, wenn sie einfach mal etwas Neues zum Anziehen besitzen. Doch genauso freuen können sie sich über eine Karte zum Fest, die ihnen zeigt, dass da jemand an sie denkt, während ihre Eltern sich nicht für sie interessieren oder sich einfach nicht um sie kümmern können. So wie die traumatisierten Flüchtlingseltern, die in der Erstaufnahme des Landes im Optipark strandeten, entkräftet und überfordert mit der Betreuung ihrer Kinder. Ein zweijähriger Spross der Familie wird jetzt im „Spatzennest“ umsorgt und „er schreit wie jeder andere“, sagt Martina Heuer: „Trotzphase ist international.“
Anna, die sich nach der Trennung von ihrer sterbenskranken Mutter stets um die kleineren Kinder in der Notaufnahme kümmern wollte, hat den kleinen Flüchtling nicht mehr kennengelernt. Die Achtjährige lebt inzwischen in einem Kinderheim. Ihre Mama ist tot.
Welche Spenden im Spatzennest benötigt werden
Zum neunten Mal unterstützt die NRZ-Stadtredaktion Essen mit ihrer „Wunschzettelaktion“ die wichtige Arbeit im „Spatzennest“, der Notaufnahme des Kinderschutzbundes in Altenessen. Auch in diesem Jahr bitten wir Sie, die Leserinnen und Leser der NRZ, um Mithilfe. Gemeinsam mit den Verantwortlichen im „Spatzennest“ haben wir einen Wunschzettel mit den Dingen zusammengestellt, die benötigt werden:
Startersets mit Kinderkleidung (Unterwäsche, Schlafanzug, Jeans, Pullover, Jacke) in den Größen 98 bis 176 für Mädchen und Jungen, die oftmals nur mit dem Nötigsten bekleidet im „Spatzennest“ landen, wenn sie aus ihren Familien geholt werden müssen.
Mützen und Handschuhsets, Matschhosen ab Größe 140,
Gesellschaftsspiele ab 3 bis 12 Jahre, CD-Player, Sandkastenspielzeug, Sandkastenbagger,
City-Roller, Fahrzeuge für junge Kinder,
Lego, Puppen und Zubehör, Kinderbesteck, Zaubersand,
Hygieneartikel und Haargummis, Buntstifte (Dickies),
Gutscheine für Schwimmbad oder Kino.
Ihre Spende können Sie im Zeitraum vom 30. November bis einschließlich 21. Dezember im NRZ-Pressehaus, Sachsenstraße 30, abgeben. Öffnungszeiten: montags, dienstags, mittwochs 8-16 Uhr, donnerstags 8-18 Uhr, freitags 8-14 Uhr.
Noch eine Bitte: Selbstverständlich freut man sich im „Spatzennest“ auch über gebrauchtes Spielzeug und getragene Kleidung. Zu Weihnachten wäre es allerdings schön, wenn Ihre möglichst verpackten Geschenke neuwertig wären. Ein kleines Inhaltsschildchen ist hilfreich.
Das Spendenkonto für die Arbeit im „Spatzennest“
Wenn Sie für die wichtige Arbeit im „Spatzennest“ oder auch für den geplanten Neubau der Notaufnahme für die besonders kleinen Kinder in Borbeck lieber Geld spenden möchten: Sparkasse Essen, BLZ: 360 501 05, Konto: 290 700, IBAN DE70 3605 0105 0000 2907 00, Empfänger: Kinderschutzbund Essen, Verwendungszweck: Spatzennest/NRZ-Aktion. Auf Wunsch stellt der Kinderschutzbund eine Spendenquittung aus.