Essen. Für die Essener gehört er zur Weihnachtszeit wie Glühwein oder Lebkuchen: der große Weihnachtsbaum auf dem Willy-Brandt-Platz. Dass vor fast 20 Jahren die „Tree-Lightning“-Tradition vor dem New Yorker Rockefeller Center für Essens Baum Nummer eins Pate stand, ist heute kaum noch zu sehen. Und auch nicht, dass es eigentlich immer eine besondere Geschichte rund um den grünen Riesen gibt.

Für die Essener gehört er zur Weihnachtszeit wie Glühwein oder Lebkuchen: der große Weihnachtsbaum auf dem Willy-Brandt-Platz. Dass vor fast 20 Jahren die „Tree-Lightning“-Tradition vor dem New Yorker Rockefeller Center für Essens Baum Nummer eins Pate stand, ist heute kaum noch zu sehen. Und auch nicht, dass es eigentlich immer eine besondere Geschichte rund um den grünen Riesen gibt.

Großvater hätte sich gefreut

Und die ist in diesem Jahr besonders schön. „Unter diesem Baum habe ich selbst noch als Kind in den 1960er Jahren Weihnachten gefeiert. Mein verstorbener Vater Horst Schiwek hat ihn dann im Garten eingepflanzt“, berichtet Spenderin Heike Schiwek (56). Gerade hat sie Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen bei der Eröffnung des Weihnachtsmarktes unterstützt. Auch Tochter Luisa Schillo (19) sowie ihre Mieter Christel (57) und Klaus Peters (60) waren dabei – sie bewohnen mittlerweile das elterliche Haus am Kempers Weg in Katernberg .

Da die Veranstalter bei der Essener Marketing GmbH (EMG) das New Yorker Vorbild nicht aus den Augen verloren haben, lässt man zur Premiere den Baum aufleuchten. „Mein Großvater war ein Weihnachtsbaum-Liebhaber. Wenn er wüsste, dass nun genau dieser auf dem Willy-Brandt-Platz gelandet ist, würde er sich freuen“, unterstreicht Luisa Schillo. Über kurz oder lang hätte der Baum fallen müssen, er war doch in die Jahre gekommen.

Für die Familie hat sich nun ein Kreis geschlossen. Und die Essener Weihnachtsfans können sich über ein wahres Prachtstück freuen. Über 20 Meter hoch ist die Nordmanntanne, der Durchmesser am Fuß beträgt acht Meter, das Gewicht beträgt rund 3,2 Tonnen.

Das war nicht immer so. „1995 haben wir den Weihnachtsmarkt auf den Willy-Brandt-Platz ausgeweitet. Dazu gehörte ein geschmückter Torbogen, der ein Jahr später durch eine beleuchtete Tanne ergänzt wurde“, erinnert sich Heinz Bittscheidt. Er war ab 1973 Verantwortlicher bei der EMG für den Weihnachtsmarkt und schied vor drei Jahren aus dem aktiven Dienst aus. Musste man sich anfang noch mit einer Größe von „nur“ rund zehn Metern zufrieden geben, konnte man ab 1998 aus dem Vollen schöpfen, nunmehr auf einem gegossenen Fundament.

Zeitgleich begann Georg Hartmann seinen Dienst bei der EMG. Er ist so etwas wie der Erfinder des Essener Weihnachtsbaumes im heutigen Gewand. „Wir konnten viel größere Bäume nehmen. Mir schwebte so etwas wie der auf der Rockefeller Plaza in New York vor“, schaut der heutige Leiter des Stadtmarketings Hattingen zurück. Dicke bunte Kugeln, goldener Flitter, Geschenkepäckchen: So sollte der Essener Baum aussehen. Und so sah er auch einige Jahre lang aus.

1998 Tour in den Bayerischen Wald

Doch zunächst musste 1998 erst einmal so ein Gewächs beschafft werden. „Wir haben den Baum selbst im bayerischen Wald, in Viechtal, abgeholt. Da kamen morgens die Blaskapelle und die Honoratioren, als der Baum gefällt wurde“, erzählt er und muss immer noch lachen. Klar, dass beim Countdown vor dem Einschalten der Beleuchtung, auch dies eine New Yorker Tradition, extra der Tourismusdirektor des Örtchens mit Gefolge anreiste.

Dauerhafte Reisen nach Bayern aber gab die Spesenkasse nicht her, fortan suchte man nach geeigneten Exemplaren in Essener Gärten. „Das Sichten fängt oft schon im Sommer an“, weiß Hartmann. Kein kleiner Aspekt bei der Auswahl: Hat man mit Hubwagen und Lkw überhaupt genug Platz, um die Ungetüme abzutransportieren?

Jahr für Jahr erleben die Verantwortlichen kuriose Geschichten, etwa als ein riesenhafter Baum über ein Haus in Stoppenberg gehievt werden musste und nachher auch noch viel zu hoch auf dem Trailer lag. „Da mussten wir dann jeden einzelnen Ast festbinden, sonst wären wir an den Oberleitungen hängen geblieben“, erzählt Hartmann.

Oder die Familiengeschichten, wie Anfang der 2000er-Jahre in Bedingrade, als die Kinder zum Abschied noch extra Herzchen an den Nadelriesen hängten.

So flitterbunt wie sein New Yorker Pendant ist der Essener Baum nicht mehr. Heinz Bittscheid stellt fest: „Das kam bei der Bevölkerung auf Dauer nicht so an.“ Dafür hat der Lulatsch auf dem Willy-Brandt-Platz mittlerweile seine ganz eigene Tradition. Und erzählt Geschichten. Wie die von Horst Schiwek.