Essen. . Soll der erste Winter gleichzeitig der letzte für die Flüchtlings-Zeltdörfer in Essen sein, braucht es schnelle Entscheidungen der Politik für neue Bauten.

Mit ihrer lauter werdenden Kritik an dem Krisenmodus bei der Flüchtlingsunterbringung geht die Politik große Verpflichtungen ein. Womöglich größere, als ihr vielleicht lieb ist: Denn die Frage, was im kommenden Jahr an die Stelle der Zeltdörfer und Notunterkünfte treten soll, muss noch in diesem Jahr beantwortet werden. Entscheidungsfreude ist also gefragt. Denn nur dann geht eine zentrale Rechnung der Stadtverwaltung Essen auf.

Deren Kalkulation ist relativ simpel: Wenn weiterhin im Schnitt 700 Neuankömmlinge pro Monat untergebracht werden müssen – und auch nur dann –, reichen die Kapazitäten der geplanten und zum Teil bereits belegten Zeltstädte an bislang neun Standorten mit insgesamt knapp 4000 Plätzen nach Informationen dieser Zeitung bis etwa Mitte März. Zählt man noch einmal so viele Flüchtlinge dazu, die Essen im Laufe des kommenden Jahres zugewiesen werden könnten, heißt das nach Adam Riese: Summa summarum sind bis zum Oktober 2016 rund 8000 Plätze in festen Unterkünften neu zu schaffen, um einen selbst formulierten Anspruch erfüllen zu können: Der erste Winter der Essener Flüchtlingsdörfer soll gleichzeitig ihr letzter sein.

Mehr Zelte aufgrund aufgeschobener Entschlüsse

Manchem im Stadtrat mag es wie eine Nötigung vorkommen, nicht in der gewohnten Gemütsruhe und nach sorgfältiger Abwägung über geeignete Standort-Alternativen für die ungeliebten fliegenden Bauten befinden zu können. Doch die einfache Realität der Zahlen lässt es diesmal nicht zu, zugegeben unbequeme und schwierige Entschlüsse wie allzu oft schon auf die lange Bank zu schieben: Mit jedem Monat, der ohne eine Entscheidung über die neuen Standorte für die geplanten festen Bauten in Holz- oder Containerbauweise ins Land zieht, sieht sich der Krisenstab gezwungen, Plätze in Zelten aus dem Boden zu stampfen. Im Januar wären das 600, im Februar 900, im März 1200, also drei weitere Flüchtlingsdörfer, deren Tage eigentlich gezählt sein sollten.

Und daran wird selbst die für den Januar geplante Eröffnung der neuen Erstaufnahmeeinrichtung des Landes auf dem Gelände des ehemaligen Kutel nicht wirklich etwas ändern, selbst wenn die dortigen 800 Plätze mit dem Faktor 1,3, also 1040 Plätze, auf die Essener Aufnahmequote angerechnet werden. Diese dann neue Rechengrundlage verschafft allenfalls etwas Entlastung, führt aber nicht dazu, dass die Luft in den Zelten über den März hinaus reicht.

Es wird zunehmend enger in den Flüchtlingsdörfern

Denn schon jetzt wird es zusehends enger in den vier bereits belegten Flüchtlingsdörfern: Nach aktuellem Stand sind am Altenbergshof im Nordviertel 308 Flüchtlinge untergebracht. Die Planckstraße in Holsterhausen ist mit 358 Menschen voll. Nur noch wenige Kapazitäten bietet die Unterkunft am Pläßweidenweg: 335 der 400 Plätze in Steele sind belegt. Und am Volkswald in Heidhausen sind es 154 von 174. In die neue Zeltstadt an der Erbslöhstraße in Altenessen ziehen ab morgen die ersten Asylbewerber ein, heißt es in der Stadtverwaltung.