Essen. Nach einem halben Jahr in U-Haft treffen sie sich im Gericht wieder. Die Anklage wirft Mutter und Sohn Drogenhandel im großen Stil vor.

28 Jahre alt ist der Sohn, 52 Jahre die Mutter. Getrennte Wohnungen haben sie in Frohnhausen und Altenessen. Aber die Geschäfte sollen sie verbinden: Vor der XVII. Strafkammer wirft die Staatsanwaltschaft den beiden schwunghaften Drogenhandel vor. Insgesamt 17 Taten werden in der Anklage aufgelistet. Aus Holland sollen die beiden – auch mit weiteren Komplizen – Marihuana, Ecstasy, Haschischöl und Amphetamine nach Deutschland geschmuggelt und in Essen verkauft haben.

Seit Mai sitzen Mutter und Sohn in U-Haft. Getrennt natürlich, in unterschiedlichen Gefängnissen. So werden Juristen und Zuschauer im Gerichtssaal Zeugen eines herzzerreißenden Wiedersehens. Laut schluchzt Mutter Gülen A., als sie ihren Sohn auf der Anklagebank sieht. „Mein Schatz“, ruft sie immer wieder, „mein Schatz, ich habe Dich vermisst“.

Durch Freund in den Drogenhandel geraten

Cihan M. gibt das zurück, wenn auch ohne Tränen: „Ich habe Dich auch vermisst.“ Aber irgendwann unterbricht er die Mutter: „Komm zur Ruhe, alles wird gut.“ Tatsächlich wird sie ruhiger, guckt aber weiterhin zu ihrem Sohn.

Er macht sein Wort, räumt die Taten zum Teil ein. In den Drogenhandel will der türkischstämmige Mann durch einen libanesischen Freund geraten sein. Mit dem sei er im vergangenen Jahr zum Essen in ein Fischrestaurant nach Rotterdam gefahren. Dort seien Freunde des Libanesen erschienen und hätten ihm Drogen angeboten. Richterin Gabriele Jürgensen unterbricht: „Das macht doch keinen Sinn. Nach Rotterdam ins Fischrestaurant zu fahren.“ Verteidiger Thorsten Dercar schaltet sich ein, das Gericht solle doch erst einmal den Angeklagten zu Ende reden lassen.

Schlechte Qualität

Das darf er und schildert sich dabei als betrogen. Denn die Ecstasy-Tabletten hätten sich als unwirksame Droge erwiesen: „Das knallte nicht. Ich bekam sofort Reklamationen und wurde das Zeug nicht los.“ Weil er aber seinem Freund das Geld für den Ankauf schuldete, hätte er mit anderen Drogen gehandelt. Gelagert hätte er das Rauschgift bei Freunden oder bei seiner Mutter.

Seine Mutter, die Mitangeklagte, schaltet sich ein: „Wusste Deine Mutter denn, was Du lagerst?“ Da ist sie bei Richterin Jürgensen an der falschen Adresse. Sie hätte in den letzten Tagen intensiv die Protokolle der Telefonüberwachung gelesen, sagt diese und gibt der Mutter einen Ratschlag zum Prozessauftakt: „Sie sollten sich gut überlegen, ob sie weiter die Rolle des Opferlamms spielen wollen.“