Essen-Nordviertel. „Liebes Welten“ – ein Parcours mit vier Stationen soll Migranten aus Essen das Thema näher bringen. Auch Tabuthemen werden angesprochen.

Wie stehe ich zu Sex vor der Ehe? Was für Verhütungsmittel gibt es? Mit welchen Krankheiten kann ich mich anstecken, wenn ich ungeschützten Geschlechtsverkehr habe? Antworten auf Fragen rund ums Thema sexuelle Gesundheit soll der Parcours „Liebes Welten“ im Lore-Agnes-Haus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) geben. Das Angebot richtet sich speziell an Erwachsene, die eine Zuwanderungsgeschichte haben. Langfristig sollen die Liebes-Welten auch dazu beitragen, die Flüchtlinge in Essen über das Thema Liebe und Sex aufzuklären.

„Wir wollen Menschen ansprechen, die zum Beispiel durch sprachliche Probleme sonst keinen Zugang zu unserer Beratungsstelle finden“, erklärt Meral Renz, Mitarbeiterin der Awo. Renz hat den Parcours entwickelt und berät die Essener seit 23 Jahren in Fragen der Sexualität. „Sexuelle Gesundheit ist für alle Menschen ein wichtiges Thema“, sagt Renz. Sie hat selbst eine Zuwanderungsgeschichte und weiß, welche Bedürfnisse die Migranten haben. „Wir wollen ihnen das Thema nicht aufstülpen. Wir wollen auf Augenhöhe mit ihnen diskutieren“, meint Renz. Die Ehrenamtlichen, die die Migrantengruppen durch den Parcours führen, hätten zudem selbst eine Zuwanderungsgeschichte. „Wir haben insgesamt 38 Teamer und Teamerinnen ausgebildet, die mehr als 40 Sprachen sprechen“, erzählt Renz. „Weil sie den kulturellen Hintergrund der Migranten kennen, können sie ihnen zum Beispiel die Spirale mit Bildern beschreiben, die diese kennen.“ Die Teamer, das sind Bürger mit Zuwanderungsgeschichte, die in verschiedenen Gruppen und Vereinen in Essen aktiv sind. In einer mehrtägigen Fortbildung wurden sie von der Awo geschult.

Parcours ist für Teilnehmer nicht peinlich

Die Liebes-Welten berücksichtigen auch Themen, die in der Gesellschaft normalerweise nicht besprochen werden, sagt Meral Renz. „Der Koitus Interruptus beispielsweise wird vielerorts nicht als Verhütungsmittel anerkannt, aber viele Menschen auf der Erde nutzen diese Methode.“ Deswegen werde er im Parcours auch thematisiert.

Neben Verhütungsmitteln erfahren die Teilnehmer etwas über gesellschaftliche Normen und Werte und setzen sich aktiv mit diesen auseinander. „In einer Station sollen sie sich zum Beispiel fragen, ob die eigene Haltung zum Thema Sex vor der Ehe wirklich die eigene ist oder die der Familie oder der Gesellschaft“, berichtet Meral Renz. Ein Zelt solle zudem den Raum bieten, Tabuthemen zu besprechen, etwa was die sexuelle Orientierung oder sexuell übertragbare Krankheiten betrifft.

Britta Altenkamp, Vorsitzende des Awo-Bezirksverbandes Niederrhein, zeigte sich bei der Eröffnung des Parcours am Mittwoch begeistert. „Die Liebes-Welten machen Neuankömmlingen in Deutschland deutlich, wie wir mit dem Thema Sexualität in unserer Gesellschaft umgehen.“ Die Teamer seien guten Mittler, da sie selbst einen Migrationshintergrund hätten und in die Gesellschaft bereits integriert seien. „Das Tolle ist, dass der Parcours so gestaltet ist, dass er nicht peinlich ist. Er geht offen mit dem Thema um.“ Ab sofort können sich Besucher für die Liebes-Welten anmelden.,