Essen. . Obwohl Gas im Einkauf billiger geworden ist, senken die Stadtwerke ihre Preise nicht. Grund seien höhere Netzkosten. Verbraucherzentrale übt Kritik.

Die Stadtwerke werden die Gaspreise in naher Zukunft nicht senken. „Wir halten die Preise im Winter und über den 1. Januar 2016 hinaus stabil“, sagte ein Sprecher. Das gelte sowohl für den Grundversorgungs- als auch für den Tarif „EssenGas“. Die Stadtwerke betreiben in Essen 90 000 Gaszähler, die Zahl der Kunden liegt höher.

Andere Stadtwerke dagegen werden ihren Kunden zum 1. November bzw. Jahreswechsel Gas billiger anbieten, zum Beispiel Bochum, Hattingen und Ratingen. Sie verweisen auf die gesunkenen Beschaffungspreise. Bundesweit hat dieses Jahr jeder dritte Versorger die Preise gesenkt, so das Vergleichsportal Verivox.

Seit einiger Zeit ist Gas kaum noch an die Entwicklung des Ölpreises gebunden. Die Unternehmen kaufen es vermehrt an der Börse. Die Preise dort sind in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Doch warum spüren die Essener davon nichts? Der Stadtwerke-Sprecher sagte, dass die Vorteile beim Einkauf durch höhere Netzentgelte wieder aufgefressen würden. Zu welchen Konditionen sich die Stadtwerke mit Gas versorgen, gehört zu ihren Geschäftsgeheimnissen. Als Grundversorger kaufe man aber nicht nur am Spotmarkt, sondern habe auch längerfristige Lieferverträge.

Milder Winter macht Netzentgelte teurer

Die höheren Netzkosten indes würden vor allem aus dem warmen Winter 2014/2015 resultieren. Die Investitionen ins Gasnetz seien jedes Jahr mit neun Millionen Euro in etwa gleich, allerdings verkauften die Stadtwerke weniger Gas. Damit steigen unterm Strich die Netzkosten pro Kilowattstunde für den Kunden, die nun zeitversetzt weitergegeben würden.

Dennoch glaubt die Verbraucherzentrale NRW, dass es auch bei den Stadtwerken Essen Luft für eine Preissenkung gäbe, meint Energieexperte Udo Sieverding. Zum einen machen die Netzentgelte in der Regel nur rund 25 Prozent am Gaspreis aus, der Anteil für Einkauf, Vertrieb und Gewinn – den die Versorger beeinflussen können – liegt bei fast 50 Prozent. Zum anderen zeigen laut Sieverding Preisvergleiche, dass andere Versorger in Essen deutlich günstiger Gas anbieten können – bei gleichhohen Netzentgelten. Das treffe nicht nur auf große Dumping-Anbieter zu, auch Stadtwerke wie Duisburg, Bochum oder der Verbund der Stadtwerke Neuss und NEW Niederrhein verkaufen ihr Gas in Essen zum Teil bis zu 20 Prozent billiger.

Sollte es in Essen ein Potenzial zur Senkung gegeben haben, sieht Sieverding den Aufsichtsrat in der Pflicht, in dem auch gewählte Ratsmitglieder sitzen: „Sie sind dort nicht nur um Unternehmens-, sondern auch um Kundenpolitik zu machen.“