Essen.. Stadt hat Eigentümer ein hohes fünfstelliges Zwangsgeld angedroht. Bewohner sind aufgefordert auszuziehen. Sicherheitskoordinator betont „Kindeswohl“.

Der erbittert geführte Wasser-Streit in den Problemhäusern Gladbecker Straße 305-309 ist am Freitag abermals eskaliert. Nach einer Krisensitzung der Dezernenten Christian Kromberg (Ordnung) und Peter Renzel (Soziales) teilte die Stadt mit, dass die Altenessener Schrottimmobilie wegen der Wassersperre für „unbewohnbar“ erklärt wird. In dem ausschließlich von rund 70 rumänischen Zuwanderern bewohntem Elendsquartier herrschen schon seit Tagen katastrophale hygienische Zustände.

Im Visier hat die Stadt den Eigentümer der Problemhäuser, zu denen auch die Eckhäuser De-Wolff-Straße 2 und Hövelstraße 83 gehören. Matthias Blackert, der Sicherheitskoordinator der Stadt, fährt schweres Geschütz auf. „Wir haben es mit einem Hauseigentümer zu tun, der in strafrechtlicher Manier Menschen in Not ausbeutet und mit erpresserischen Methoden gegen sie vorgeht“, sagt er der WAZ.

Beim Besitzer der einstmals intakten Bergmannshäuser handelt es sich um den Kaufmann D. aus Gelsenkirchen, der auf der Altendorfer Straße ein beliebtes Döner-Restaurant betreibt. In Hattingen steht er einem Fußballklub vor, eigenen Angaben zufolge ist er CDU-Mitglied. Auch in Gelsenkirchen, so ein Rathaussprecher der Nachbarstadt, besitze er mehrere Schrottimmobilien. Aus der Not von Romafamilien damit Profit zu schlagen, scheint sein Geschäftsmodell zu sein.

Doch damit könnte es zumindest auf der Gladbecker Straße bald ein Ende haben. Sowohl bei den Stadtwerken als auch bei den Verantwortlichen im Rathaus sind nach bald zwei Jahre dauernden Querelen sämtliche Geduldsfäden gerissen. Bereits am Freitag gingen mehrere Ordnungsverfügungen unter Androhung eines saftigen Zwangsgeldes gegen D. raus. Es handelt sich dabei um einen hohen fünfstelligen Betrag, der fällig wird, wenn D. die ausstehende Rechnung nicht bis nächsten Freitag gezahlt hat. Damit nicht genug: D. müsse auch dafür sorgen, dass die ausgekühlten Wohnungen wieder beheizt werden. D.’s Schulden für Wasser und Gas an die Stadtwerke belaufen sich dem Vernehmen nach auf weit mehr als 10 000 Euro. Diese Schulden müssen auf einen Schlag überwiesen werden, Ratenzahlung sei nicht mehr möglich. Hinzu kommt: Auch für die Reparatur der mit Flüssigbeton versiegelten Absperrventile müsse der Eigentümer aufkommen. Mit einer einfachen Monteursstunde ist dies nicht getan. Heißt: D. muss komplett neue Hausanschlüsse legen lassen. Weil diese mitten auf der B 224 liegen, einer der am meisten befahrenen Ausfallstraßen der Stadt , handelt es sich um eine kostspielige, mehrere zehntausend Euro teure Baumaßnahme.

Um an Wasser zu gelangen, sind verzweifelte Hausbewohner neulich nachts um drei Uhr früh selber tätig geworden. Eine Polizeistreife entdeckte zwei auf der Gladbecker knieende Männer, die den ultraharten Beton vergeblich mit Hammer und Meißel aufzustemmen versuchten – ein strafbares und obendrein lebensgefährliches Manöver.

Sozialarbeiter der „Neuen Arbeit“ (Diakonie) und der Awo haben die Familien in den Problemhäusern bereits gestern Abend über die Eskalation informiert. „Die Bewohner sind aufgefordert, so schnell wie möglich die Häuser zu verlassen“, sagt der Sicherheitskoordinator, „wir tun alles, um die Gefährdung des Kindeswohles abzuwenden“. Die Stadt werde bei der Suche nach Ersatzwohnungen behilflich sein und Notunterkünfte zur Verfügung stellen. Die beiden schwangeren Frauen würden von Sozialarbeitern betreut. Und woher kommt das Wasser für die Menschen? „Weiterhin von der benachbarten Kirchengemeinde und den beiden Tankstellen“, sagt Blackert.