Essen. . In der Essener Innenstadt wurde die Trinkerszene verlagert - doch davon sind viele Anrainer des neuen Treffs an der Hollestraße nicht begeistert.

Einladend war die Gegend zwischen Hauptbahnhof und dem Ostviertel noch nie – ein abstoßender Bahndamm auf der rechten Seite, zugige Hochhaus-Schluchten auf der linken Seite. Teil einer „Achse der Weiterbildung“ sollte die Hachestraße werden, Essens Stadtplaner hofften dabei auch auf die Ansiedlung der Sparkassen-Akademie NRW, die auf dem Gelände der ehemaligen Volkshochschule entstehen sollte. Doch nicht Essen sondern Dortmund bekam den Zuschlag. Und jetzt hat man auch noch die Trinker-Szene hierhin an die Hollestraße verlagert, 50 Meter vorm Ibis-Hotel, gleich gegenüber der Stadtbibliothek.

Wie er das findet? „Noch haben wir keine Erfahrung mit der Szene“, sagt Klaus-Peter Böttger, der Chef der Stadtbibliothek. „Persönlich halte ich den Standort aber für nicht ideal.“ Was weniger an seiner Einrichtung liege, beteuert Böttger – nein, Bedenken hat er eher, weil auch das Bürgeramt gleich gegenüber liegt. Inklusive Standesamt. Reis schmeißende Hochzeitsgesellschaften haben künftig auf der anderen Straßenseite die Suchtkranken im Blick. „Und sollte nicht auch das Welcome-Center für neu eingebürgerte Ausländer dort hin?“, fragt sich Böttger. „Das ist keine gute Geste.“

Bedenken nicht gelten lassen

Ordnungsdezernent Christian Kromberg will solcherlei Bedenken nicht gelten lassen: „Es gibt keinen idealen Standort. Der ausgewählte Platz erfüllt am ehesten die Kriterien, die wir bei der Suche angelegt haben.“ Dazu zähle übrigens auch ein ausreichender Abstand zu den Bildungseinrichtungen auf der gegenüberliegenden Straßenseite – das Haus der Technik, die Bücherei, und auch der Haupt-Eingang der Frida-Levy-Gesamtschule liegt zwischen den Gildehof-Hochhäusern.

Dort, an der Schule, hat sich die Schulpflegschaft in einem Brief an den Verwaltungsvorstand der Stadt gewandt. Die Ansiedlung der Trinkerszene hält man für ein „fatales Signal für die Zukunft dieses zentrumsnahen Viertels“. Ein Gespräch über die Entwicklung des Quartiers rund um die Hollestraße müsse dringend erfolgen.

„Einen Masterplan für dieses Gebiet haben wir nicht"

„Einen Masterplan für dieses Gebiet haben wir nicht“, sagt Ronald Graf, der Chef des städtischen Planungsamtes. „Dafür gibt es zu wenige städtische Flachen, die neu entwickelt werden könnten. Das meiste stehe und falle mit dem alten VHS-Gelände.“

„Interessen gibt es viele, auch nach der Absage der Sparkassen-Akademie“, sagt Andreas Hill von der Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG), die das VHS-Grundstück neu vermarkten will. Einen Fokus auf das Thema Bildung oder Weiterbildung setze man nicht: „Entscheidend ist, dass hier ein städtebaulicher Akzent gesetzt wird und eine nennenswerte Anzahl von Arbeitsplätzen entstehen sollen“, sagt Hill.

Nur ein Gewerbe sei an dieser Stelle derzeit weniger erwünscht: „Ein weiteres Hotel“, sagt Hill, „wollen wir angesichts der vielen neuen Hotelprojekte im Umfeld nicht unbedingt hier ansiedeln.“