Essen. Am Universitätsklinikum an den Hufelandstraße werden im Rahmen einer aufwendigen Studie die Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforscht.

Was vom Gefühl her zum Alltagswissen gehört, haben Forscher der Uniklinik im Rahmen einer aufwendigen Studie bewiesen: Wer in Essen nah an der A 40 wohnt, hat ein gestiegenes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer im grünen Süden lebt, bei dem sind seltener Symptome für Depressionen nachweisbar.

Das sind nur zwei greifbare Ergebnisse der Heinz-Nixdorf-Recall-Studie. Bei der wurden in den letzten 15 Jahren 4814 Bürger aus Essen, Mülheim und Bochum jeweils drei Mal untersucht und zudem kontinuierlich befragt.

Im Uniklinikum an der Hufelandstraße nimmt gerade die Folgestudie Fahrt auf. Bei der sogenannten Heinz-Nixdorf-Recall-Mehrgenerationen-Studie werden bis 2017 etwa 6000 Angehörige der Erstprobanden untersucht und befragt. Jüngst war deshalb Hans-Peter Kolodziejski, 66, zu Besuch im Uniklinikum: Ruhe-EKG, Herz-Ultraschall, Untersuchung der Herzschlagader, der Beigefäße und des Bluts. Dazu sehr, sehr viele Fragen in den etwa sechs Stunden. Der Mülheimer ist der 2000. Proband - ein kleines Jubiläum. Seine Frau war im Jahr 2000 für die Ursprungsstudie ausgewählt und erstmals untersucht worden. Hans-Peter Kolodziejski und seine beiden Söhne gehören zu den Teilnehmern der Folgestudie. „Ich werde komplett durchgecheckt“, freut sich der Senior, der es „spannend“ findet, Teil der Forschung zu sein.

Heinz-Nixdorf-Stiftung finanziert Herz-Studie

„Die Bereitschaft mitzuwirken ist sehr hoch. Wir haben Angehörige angeschrieben, die aus China, den USA und Australien anreisen“, sagt die Biologin und Epidemiologin Prof. Susanne Moebus, eine der Verantwortlichen für das Großprojekt. Mit den Studien sollen die Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforscht werden. Dabei machen die 25 Mitarbeiter nicht nur aufwendige Untersuchungen bei jedem Probanden. Die werden auch ausführlich nach ihrem Lebensstil, dem sozialen Verhalten und ihrem Wohnumfeld befragt. „Wir wissen beispielsweise, ob das Schlafzimmerfenster zur Straße liegt oder nicht“, erklärt Prof. Susanne Moebus. Damit sollen alle denkbaren Einflüsse für mögliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen abgebildet werden.

Mit der Einbindung der Angehörigen der Probanden in die zweite Studie wird jetzt das Raster noch einmal verfeinert. Die Essener Mediziner untersuchen beispielsweise, ob sich die Entwicklungen die Koronarkalk-Werte – ein Beleg für gesundheitsgefährdende Veränderungen am Herzkranzgefäßsystem – auch bei Angehörigen nachweisen lassen. „Wir wollen wissen, ob Erkrankungen genetische Ursachen haben oder ob Lebensstil und Umweltbedingungen ausschlaggebend sind“, erklärt der Kardiologe Prof. Raimund Erbel, einer der Initiatoren der Studien. Die Forscher vermuten als Ursache für die Erkrankungen eine Mischung aus beiden Faktoren.

„Die Studien sind besonders, weil wir nicht eine Stadt oder ein Land, sondern eine Metropolregion aus drei Städten betrachten“, erklärt der Radiologe Prof. Michael Forsting. Das hängt damit zusammen, dass Mediziner aus den drei Städten Essen, Bochum und Mülheim das Projekt gemeinsam erarbeitet haben. Finanziert wird die Mehrgenerationen-Studie mit 3,1 Millionen Euro von der Heinz-Nixdorf-Stiftung. Deren Namensgeber war, wie auch sein nur 45 Jahre alter Sohn, an einem Herzinfarkt gestorben.