Essen.. Während des Besuchs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird Prof. Eckhard Nagel verabschiedet. „Ein Mediziner, der in der Gesellschaft gehört wird“.

Hohen Besuch empfing gestern die Uniklinik an der Hufelandstraße. Außenminister Frank-Walter Steinmeier war nach Essen gekommen. Der SPD-Politiker referierte über „Die Welt aus den Fugen – Deutsche Außenpolitik in stürmischen Zeiten“. Im Rahmen des Vortrags wurde der Ärztliche Direktor Prof. Eckhard Nagel (55) verabschiedet, der das Klinikum Ende des Monats verlässt. Passenderweise fühlten sich einige der 300 geladenen Gäste beim Vortrag von Steinmeier auch an stürmische Momente in den Nagel-Jahren an der Uniklinik erinnert. „Du bist keiner, der unbequeme Wahrheiten scheut“, sagte Steinmeier über seinen guten alten Freund Eckhard Nagel.

Unter den Gästen waren auch einige der 20 Uniklinik-Chefärzte, die vor zwei Jahren in einem Brandbrief an den Aufsichtsrat des Klinikums ihre Zusammenarbeit mit Nagel aufgekündigt hatten. Ein einmaliger Vorgang. Hauptkritikpunkt damals: Nagel, der im Deutschen Ethikrat sitzt und sich im Präsidium des Evangelischen Kirchentags engagiert, sei an seinem mit 540 000 Euro dotierten Arbeitsplatz in Essen zu wenig präsent. Gegen die Nagel-Opposition formierte sich umgehend eine Nagel-Koalition: 14 Chefärzte formulierten in einem Brief ihre Loyalität zum Klinikchef.

Der promovierte Arzt und Philosoph Nagel (Steinmeier: „Ein Mediziner, der in der Gesellschaft gehört wird“) hatte am Uniklinikum, wie bei einem Chef durchaus üblich, polarisiert. Beispiel Westdeutsches Protonentherapiezentrum: Als sich die Eröffnung des 120-Millionen Euro teuren Prestigeobjekts zwei Jahre verzögerte, schimpften die Nagel-Kritiker. Seine Unterstützer loben indes, dass es Nagel war, der das in einer Private-Public-Partnership geplante Zentrum in die Inhaberschaft des Klinikums überführte.

Das Uniklinikum muss man sich mit seinen 26 Kliniken und 23 Instituten wie die USA vorstellen: Der Ärztliche Direktor ist der Präsident für das Große und Ganze. Die Chefärzte sind Gouverneure, die sich um ihren Bereich kümmern und sich ungern reinreden lassen. Hier wird auch Nagels designierter Nachfolger Prof. Jochen Werner, bislang Ärztlicher Geschäftsführer am Uniklinikum Gießen/Marburg, gefordert sein.

„Deine klaren Worte waren und sind vielleicht nicht immer allen angenehm. Und sie haben dir nicht nur Freundschaften eingebracht. Aber das kritische Hinterfragen, das zeichnet dich aus – und nur so erreicht man in unserer Gesellschaft etwas“, sagte Klaus Engel, Evonik-Vorstandschef, Mitglied im Aufsichtsrat des Klinikums und Duz-Freund von Nagel in warmen Abschiedsworten. Klaus Engel weiter über den 55-jährigen Nagel, der zurück nach Bayreuth geht: „Du hast unter schwierigen Rahmenbedingungen viel bewegt und mutig das Fundament für wichtige Entwicklungen und Projekte gelegt.“ Als einer seiner letzten Amtshandlungen hat Nagel gerade die Pläne für die neue 150 Millionen Euro teure Kinderklinik vorgestellt, die 2019 fertig sein soll. „So hinterlässt man Spuren“, sagte Steinmeier. Treffende Abschiedsworte fand Prof. Ulrich Radtke, Rektor der Uni Duisburg/Essen: „Herr Nagel, es war nie langweilig, sich mit Ihnen auszutauschen.“