Essen. Katholische und evangelische Grundschulen umwandeln oder nicht? Eltern regt diese Frage auf, die Politik ist gespalten. Trotzdem wird nicht diskutiert.
„Konfessions-Schulen erhalten!“ Mit dieser Ansage zieht der CDU-Kandidat Thomas Kufen durch die Stadt, um Oberbürgermeister zu werden. Reinhard Paß lässt zwar mitteilen, dass dieses Thema für ihn derzeit „nicht zur Debatte steht“. Doch tatsächlich hat die SPD eine andere Haltung: „Langfristig“, sagt der schulpolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Manfred Reimer, „möchten wir Konfessions-Schulen abschaffen, aber ohne Radikalkur, immer mit verträglichen Lösungen.“ Diese alte Forderung der SPD sei aber derzeit, bei den Machtverhältnissen im Rathaus, ohnehin „nicht umsetzbar“.
Konfessions-Schulen sind Grundschulen mit evangelischer oder katholischer Ausrichtung. Anders als zum Beispiel das Mariengymnasium in Werden oder die „BMV“ in Holsterhausen gehören sie aber nicht zum Bistum oder einem Orden, sondern sind rein städtisch. Zwei der 86 Grundschulen in Essen sind städtisch-evangelisch, 20 städtisch-katholisch. Die Lehrer sind ganz normale Landesbeamte. Die Schulen kommen komplett ohne das Geld der Kirchen aus. Bei der Anmeldung ist die Konfession des Kindes ein Aufnahmekriterium von vielen, das, das ist neu, nicht wichtiger sein darf als andere Faktoren.
Konfessions-Schulen sind städtisch
So scheiterten kürzlich Eltern in Borbeck, die juristische Schritte unternahmen, um ihre katholisch getauften Kinder an der überfüllten katholischen Dionysiusschule unterzubringen.
Die Konfessions-Schulen sind religiös festgelegt, weil Eltern in den Sechziger Jahren, als Volks- in Grundschulen umgewandelt wurden, das mal so beschlossen haben. Sie sind in der Regel sehr beliebt, haben gute Anmeldezahlen.
Dort, wo Konfessions-Schulen in Essen zuletzt geschlossen wurden, gab es bitteren Protest der Eltern – so geschehen 2010 in Überruhr, wo die katholische Suitbert-Schule und die Gemeinschaftsschule Johann Peter Hebel zur neuen, überkonfessionellen „Grundschule Überruhr“ zusammengelegt wurden. Ähnliches geschah in Haarzopf, wo eine Gemeinschafts- und eine städtisch-katholische Schule an einem neuen Standort zur neutralen „Grundschule Haarzopf“ wurden.
Schulen können als Zwitter geführt werden
Bei einer Zusammenlegung müssten so gut wie alle Eltern dafür stimmen, dass die neue, gemeinsame Schule konfessionell ausgerichtet ist. Das ist faktisch unmöglich. Die NRW-Schulgesetze wollen es so. Das Land macht es Konfessionsschulen immer schwerer.
So gesehen: Thomas Kufen bedient die Ängste katholischer Eltern, die Schule ihrer Kinder könnte bald umgewandelt werden. Erstens tut Kufen mit seiner Ansage so, als könne er Landesgesetze unwirksam machen. Zweitens ist die Angst, katholische Schulen könnten künftig zum Standort neutraler Schulen degradiert werden, einigermaßen unbegründet.
Denn in Essen haben die Verantwortlichen längst einen hervorragenden Kompromiss gefunden: Seit diesem Schuljahr ist es möglich, eine Schule als Zwitter zu führen – mit einem konfessionellen Teil und einem überkonfessionellen Teil. So geschehen in Schönebeck, wo seit diesem Monat die katholische Eichendorff- und die religiös neutrale Gemeinschaftsschule Schönebeck einen neuen Verbund bilden – als eine Schule mit einem konfessionellen und einem neutralen Standort. „Wir sind hervorragend gestartet, der Alltag klappt gut“, sagt die Schulleiterin Maritta Zuhorn. Es spricht viel dafür, dass das Schönebecker Beispiel bei weiteren Zusammenlegungen noch Schule machen wird.