Essen. Die Uniklinik Essen bündelt Kompetenzen und Experten aus ihren Instituten und eröffnet im September das Westdeutsche Zentrum für Sexuelle Gesundheit.

„Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“, hieß in den 1970er-Jahren ein Film. Darin beantwortete Regisseur und Darsteller Woody Allen ernste Fragen zu dem ernsten Thema auf seine bekannt besondere Art. Fragen zum präsenten, aber oft ins Verborgene geschobenen Thema Sex und Sexualität will auch die Uniklinik Essen künftig gezielter und therapeutisch nachhaltiger beantworten. Deshalb hat sie Experten aus ihren Instituten, Fachbereichen und Kliniken gebündelt und wird im September das Westdeutsche Zentrum für Sexuelle Gesundheit eröffnen. „Wir wollen Patienten und überweisenden Ärzten eine zentrale Anlaufstelle für ihre Anliegen bieten“, erklärt Prof. Eckhard Nagel, Ärztliche Direktor der Uniklinik.

Sex und Sexualität sind in unserem Alltag nicht nur präsent. Sie sind auch für den Bestand einer Gesellschaft von entscheidendender Bedeutung. Doch so sehr das Thema allgegenwärtig ist, so oft ist es in der Öffentlichkeit auch schamhaft belegt und verschwindet in Tabuzonen. „Dabei begleitet es den Menschen in all seinen Facetten durch das ganze Leben“, erklärt Dr. Jochen Heß, Oberarzt am Uniklinikum und Vorsitzender des neuen Zentrums für Sexuelle Gesundheit. Kinder entdecken nach und nach ihre geschlechtliche Identität. Erwachsene leben die Sexualität am intensivsten aus. Und auch bei den aktiven Senioren hat Sexualität mehr und mehr Präsenz. „Wir hatten gerade erst einen 80-Jährigen in Behandlung, der sich mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt hatte“, sagt Dr. Stefan Esser, der als Venerologe im Uniklinikum Experte für sexuell übertragbare Erkrankungen ist.

Prävention, Diagnose und Therapie

Dem Senior konnte geholfen werden. Der Fall zeigt aber, dass Sex eben nicht nur Erlebnis, Lust, Erfüllung und damit Bestandteil und Baustein für ein glückliches Leben ist. Neben den physischen Erkrankungen gibt es immer häufiger physische Beschwerden, die beispielsweise zu Lust- und Potenzstörungen führen. Es gibt Probleme bei der sexuellen Orientierung oder dem gefühlten Geschlecht. „Es herrscht eine unglaubliche Vielschichtigkeit“, sagt Dr. Jochen Heß.

Ulrike Schultheis vom LVR-Klinikum mit (v.l.) Dr. Jochen Heß , Prof. Eckhard Nagel und Dr. Stefan Esser vom Uniklinikum.
Ulrike Schultheis vom LVR-Klinikum mit (v.l.) Dr. Jochen Heß , Prof. Eckhard Nagel und Dr. Stefan Esser vom Uniklinikum. © WAZ

Hier will sein Zentrum für Sexuelle Gesundheit den Betroffenen künftig gezielter helfen. Von der Prävention über die Diagnose zur Therapie. Und unter Einbeziehung aller beteiligten medizinischen Disziplinen, zu denen unter anderem die Gynäkologie, die Urologie, die Dermatologie, die Geriatrie und auch die Psychiatrie des LVR-Klinikums gehören.

„Wir möchten ein offenes Netzwerk bieten, an das sich Patienten mit ihren Anliegen andocken können“, erklärt Prof. Eckhard Nagel. Ab Mitte September wir eine zentrale Telefonnummer geschaltet, bei der Betroffene sich melden können und an den entsprechenden Experten vermittelt werden. Ganz wichtig dabei: „Sensibilität und Diskretion“, sagt Oberarzt Dr. Stefan Esser: „Denn jeder Fall ist individuell, und verdient deshalb besondere Aufmerksamkeit.“