Essen-Leithe. . In Leithe betreibt der VKJ den einzig verbliebenen Kinder- und Jugendclub in einem Flüchtlingsheim. Rund 60 Mädchen und Jungen werden dort betreut.

Es hat etwas Beklemmendes, das Flüchtlingsheim Grimbergstraße in Leithe. Drei olivgrüne Zweckbauten, die ihre beste Zeit lange hinter sich haben, ein paar ramponierte Sitzgelegenheiten vor den Häusern und weit und breit nichts, was die Seele erfreuen könnte – fiele da nicht ein leuchtend orangefarbenes Graffito an einer Häuserecke aus dem tristen Rahmen. Dahinter liegt die einzige Essener Einrichtung für Kinder und Jugendliche in einem Flüchtlingsheim, der Kinder- und Jugend (KiJu)-Club des Vereins für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten (VKJ).

„Sonst ist hier nicht so viel los“, stellt Clubleiterin Birgit Blömeke fest und wird von einem kurzzeitigen Drama am Kicker zum xten Mal in den letzten 20 Minuten unterbrochen. Um sie herum herrscht ein wildes Kommen und Gehen. Wo ist die Kiste mit den Spielzeugautos? Hat jemand die Schere gesehen? Nein, so viel Besuch bekommen die Sechs- bis 17-Jährigen Mädchen und Jungen an der Grimbergstraße nicht; und wenn einmal die Presse vorbeischaut, ist die Aufregung groß und die Neugier geweckt.

Jugendclub ist oft der einzige Raum zum Toben und Laut sein

Denn was da so optimistisch als Club bezeichnet wird, sind im Grunde nicht mehr als zwei mittelgroße Räume mit Tisch- und Sofagruppe, Kicker, ein paar Computern, einer Spüle und Regalen für Spielsachen. „Das ist für die Kinder und Jugendlichen des Hauses aber zumeist der einzige Freiraum, wo sie auch mal laut sein dürfen. Viele leben mit fünf Personen in einem Raum“, berichtet Birgit Blömeke.

Flüchtlinge in DeutschlandSeit sieben Jahren arbeitet die Erzieherin im KiJu-Club, der 1993 als Spielstube für die kleinen Flüchtlingskinder vom VKJ aufgezogen worden war und nach dem Bau der gegenüber liegenden Kita „Sim Sala Grimm“ 2001 nicht mehr benötigt wurde. „Nur für die größeren Kinder gab es eben nichts“, sagt VKJ-Geschäftsführer Oliver Kern.

Und die haben auch Bedürfnisse, und nicht zu knapp, könnte man hinzufügen. „Wir bemühen uns, ihnen Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln. Das kennen sie aus ihren Herkunftsländern nicht unbedingt“, erläutert Birgit Blömeke. Mit durchschnittlich 60 Mädchen und Jungen aus Albanien, Bosnien, Mazedonien und Syrien arbeitet sie derzeit, organisiert Koch-, Bastel- und Tanzgruppen, koordiniert die Hausaufgabenhilfe oder stellt Ausflüge auf die Beine. „Man merkt schon, dass sie einen großen Nachholbedarf in vielen Dingen haben“, erzählt die Erzieherin.

Erlernen der deutschen Sprache steht im Fokus

Klar, dass dort auch ein Fokus auf das Erlernen der deutschen Sprache gelegt wird. So wird beispielsweise der wöchentliche Leseclub gerade dank Sponsorenhilfe mit Beamer und Leinwand ausgerüstet, damit die ehrenamtlichen Lesepaten ihre Bilderbücher auch für größere Gruppen an die Wand werfen können. „Wir sprechen deutsch mit den Kindern. Und da sie ja normalerweise eine Kita oder Schule besuchen, klappt das gut“, berichtet Birgit Blömeke.

Mit traumatisierten Kindern hat sie es im KiJu-Club eher weniger zu tun. „Wir arbeiten hier viel mit Romakindern, und die sind häufig lebhaft und aufgeschlossen“, so die Erzieherin. Doch ausschließlich bunter Schutzraum inmitten oft trister Wirklichkeit sind die beiden Räume des Clubs nicht. Ein ständiges Kommen und Gehen gebe es an der Grimbergstraße zwar nicht. Schwer werde es aber, wenn die Spielkameraden doch auf einmal „verschwinden“. „Natürlich werden auch Familien zurück in ihre Heimat geschickt und das löst im Haus oft eine große Bestürzung aus. Die Kinder, die zum Teil bereits seit neun Jahren hier leben, kriegen ja alles mit, das wird dann zu einer Atmosphäre, die von Angst belastet ist“, so die Erzieherin.

Einzige Einrichtung von ursprünglich 16 Jugendclubs

Anfang der 1990er-Jahre war der Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten (VKJ) in die Arbeit mit Flüchtlingskindern eingestiegen. Heute kaum mehr vorstellbar, betrieb er bis in die 2000er-Jahre 16 Einrichtungen in und an Heimen, die mit dem „Kinder- und Jugendclub“ an der Leither Grimbergstraße vergleichbar waren.

Doch die Politik der Stadt entwickelte sich anders. Nach dem schrittweisen Aus der Flüchtlingsunterkünfte in ganz Essen seit 2005 blieb nur der Club in der Grimbergstraße übrig. „Dumm“, ärgert sich Geschäftsführer Oliver Kern, der sich durch die Entwicklungen der vergangenen Jahre bestätigt sieht. „Da ist Infrastruktur verloren gegangen, die heute fehlt. Nicht nur in der Betreuung, sondern auch in der Unterbringung“, kritisiert er.

Jahr für Jahr muss Kern für den Leither KiJu-Club trotz Mietfreiheit und Geldern aus dem Kinder- und Jugendförderplan der Stadt einen fünfstelligen Betrag bei Sponsoren für einen Teil der Personalkosten, die Ausstattung und andere Sachkosten herauskitzeln. „Das klappt aber bislang ganz gut“, sagt er. Die Clubleiterin Birgit Blömeke berichtet von einer „tollen Unterstützung mit Sachspenden“ aus der Bevölkerung.