Essen.. In der Hitze ist das Fahren in Zügen oft eine Strapaze. Die Evag in Essen lässt mittlerweile in 20 Straßenbahnen eine Klimaanlage laufen.

Essen schwitzt und schwitzt. Morgen steigen die Temperaturen wieder auf über 31 Grad. Mallorca-Feeling mitten in der Stadt. Nicht jedem gefällt das Tropenwetter zu Hause. Etwa den Fahrgästen, die in aufgeheizten Bussen und Bahnen sich merklich unwohl fühlen. Das Verkehrsunternehmen Abellio will heute gemeinsam mit dem VRR für ein bisschen Erfrischung sorgen und verteilt auf den Essener Regional-Linien RE 16 (Essen-Bochum, Hagen) und RB 40 (Essen-Bochum-Hagen) von 12 bis 19 Uhr kostenlos Fruchteis an die Fahrgäste. Man wolle die heißen Tage ein wenig erträglicher machen, findet Philipp Liebermann von Abellio.

Wer aber beispielsweise mit der Linie 109 unterwegs sein will und dabei in die neue Niederflurbahn NF2 steigt, der braucht keine Gaumen-Kühlung. Diese Tram von Bombardier ist die erste in der Ruhr-Metropole, die mit einer Klimaanlage fährt. Die kühlt nicht nur den Fahrerstand (wie beim Vorgängermodell), sondern auch die gesamte Fahrgastkabine. 20 dieser neuen Trams sind bisher im Einsatz. Sieben kommen bis zum nächsten Jahr hinzu.

Durchgestylte Niederflur-U-Bahn

Damit hat die Essener Verkehrsgesellschaft Evag die Düsseldorfer Rheinbahn rausgekickt, die an Rhein und Ruhr eigentlich mit die ersten sein wollten, diesen Service ihren Kunden anzubieten. Und zwar in ihren 76 silberglänzenden, bis ins Detail durchgestylten Niederflur-U-Bahnen (NFU) von Siemens, die zwar edel aussehen, in denen aber die Klimaanlage für die Fahrgäste fehlt. Und das ausgerechnet in den Zügen, die ab nächstes Jahr auch für die neue Wehrhahnlinie in der Düsseldorfer City eingesetzt werden sollen.

Der Düsseldorfer Verkehrsbetrieb hatte das Pech, zum falschen Zeitpunkt den Gürtel enger schnallen zu müssen. Als die Rheinbahn vor mehr als zwölf Jahren die ersten Züge bekam, „mussten wir noch sparen, sparen, sparen“, erinnert sich Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher. Dann entspannte sich die finanzielle Situation und die Rheinbahn erkannte, dass der Klimawandel doch Klimaanlagen erfordert. „Die Tropentage nehmen bei uns eindeutig zu“, so Schumacher. Der Verkehrsbetrieb wollte eine nachträgliche Bestellung und dafür sogar insgesamt 30 Millionen Euro in die Hand nehmen, weil wegen des zusätzlichen Gewichtes Änderungen an der Konstruktion der bestellten Bahnen nötig waren. Doch dies scheiterte letztlich daran, dass Siemens dann keine Garantie mehr geben wollte. Das war den Düsseldorfern zu heikel. Die Züge wurden ohne Kühlung ausgeliefert.

Fahrgastkomfort

Die Essener kannten dieses Problem nicht. Weil sie von Anfang an wussten, was sie wollten. „Der Fahrgastkomfort war und ist uns wichtig“, betont Evag-Sprecher Olaf Frei. Schon bei der Ausschreibung für die 27 neuen Niederflur-Straßenbahnen wurde eine Klimaanlage gefordert. Darauf konnten sich die Bieter einstellen und das tonnenschwere Kühlgerät von vornherein in ihre Konzeption mit einbeziehen. So bleibt auch die Garantie gewährleistet.

Ein ähnliches Schicksal wie der Rheinbahn damals droht der Evag heute in einer anderen Frage. Sollte die Evag tatsächlich zu Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe gezwungen werden, müsste sie künftig wahrscheinlich auf neue Klimaanlagen verzichten. Die standen zumindest auf einer Streichliste, die zeitweise im Aufsichtsrat kursierte und dann wieder in der Schublade verschwand.

Bis auf weiteres hält die Evag an ihrem Grundsatz fest, neue Fahrzeuge nur mit Klimaanlagen zu bestellen. Das gilt für die älteren 56 Straßenbahnen (Typ-M8C) und für die 45 U-Bahnen (Dockland und B-Serie), die ab 2024 ausgetauscht werden sollen. Und einige Jahre darauf für die 24 Niederflur-Straßenbahnen aus der ersten Generation.

Klimaanlagen sind in Bussen Standard

In den Nahverkehrsbussen zählen Klimaanlagen inzwischen zum Standard. Ebenso für alle 189 Linienbusse der Evag. „Wir haben eine der modernsten Busflotten“, sagt Sprecher Frei. Allerdings: Nicht alle privaten Busunternehmer, die im Auftrag der Evag fahren, bieten diesen Komfort an. Und der ein oder andere Evag-Fahrer muss gar bei brütender Hitze die Klimaanlage ausschalten. Das passiert, wenn der Motor zu überhitzen droht und nicht dringend benötigte Geräte abgeschaltet werden müssen. „Dies erfolgt aber nur auf Anweisung aus der Leitstelle. Und es bleiben Einzelfälle“, so Frei.

Die Klimageräte in den Evag-Fahrzeugen lassen sich übrigens nicht vom Fahrer auf eine bestimmte Temperatur einstellen. Das ist schon wegen der ständig sich öffnenden und schließenden Türen nicht möglich. Stattdessen wird die Luft über eine sogenannte „Temperieranlage“ um bis zu drei Grad gesenkt und gleichzeitig entfeuchtet, sagt Frei: „Dann fühlt sich die Haut gleich viel kühler an.“