Bei der Liveübertragung aus Bayreuth finden sich auch viele Festspiel-Stammgäste in der Lichtburg ein, um Tristan und Isolde im kühlen Kino zu erleben

Es gibt ein Utensil, das darf beim Besuch auf dem grünen Hügel derzeit offensichtlich nicht fehlen: der Fächer. Schon beim ersten Kameraschwenk in das wild wedelnde Auditorium des aufgeheizten Bayreuther Festspielhauses weiß man die Vorzüge eines klimatisierten Kinosaals an diesem Nachmittag zu schätzen. Moderator Axel Brüggemann absolviert die Anmoderation gerade im Schweiße seines Angesichts, da werden im Kino-Saal die Kaltgeräte bereit gestellt.

Richard Wagner vom Fest- ins Lichtspielhaus zu übertragen, das hat inzwischen schon Tradition, seit Katharina Wagner das Zepter im fränkischen Opern-Tempel übernommen hat. Mit der Übertragung von „Tristan und Isolde“ hat die forsche Hügel-Herrin gleich eine neue Bastion gerissen und lässt erstmals schon wenige Tage nach der Premiere die Neuproduktion übertragen statt einer Wiederaufnahme wie in den Vorjahren. Vielen Besuchern in der Lichtburg kommt das gerade recht. Weil die Premieren-Karten in Windeseile ausverkauft waren, machen sich einige Essener Bayreuth-Gäste erst in der nächsten Tagen auf den Weg, wie Sonja Schöttler und Harald Genge, die Karten für den Ring des Nibelungen ergattert haben. Klassik im Kinosaal ist für sie längst kein Sakrileg mehr. Die Konzertübertragung der Berliner Philharmoniker haben sie vor kurzem in der Lichtburg erlebt. „Tristan und Isolde“ nennen sie augenzwinkernd ihr Aufwärmprogramm für kommende, lange Wagner-Tage.

„Ein Kissen muss man immer dabei haben“

Im Gegensatz zum Bayreuther Festspielhaus sind die Kino-Sitze auch viel bequemer. „Ein Kissen muss man immer dabei haben“, weiß Opernliebhaberin Bergers, die zu den Stammgästen auf dem Hügel gehört und dort auch schon beruflich an der Stimmbildung des Chores gefeilt hat. In diesem Sommer wird sie „Lohengrin“ sehen. Aber auf die Neu-Inszenierung ist sie besonders gespannt: „Tristan und Isolde“ war meine erste Wagner-Oper.“

Der Liebestrank ist diesmal gestrichen, das hat sich schon rumgesprochen. Aber das wilde Herzflackern von Isolde-Sängerin Evelyn Herlitzius wird gleich in der ersten Großaufnahme deutlich. XXL-Gefühle werden hier eben nicht nur aus dem Orchestergraben geliefert. Sabine Lütke hat sich über die Karten als Geburtstagsüberraschung gefreut. Nach Bayreuth ist sie damit zwar noch nicht gekommen. Aber die Opern-Übertragung hat ihre Freundin Jutta Nowosadtko immerhin übers Wochenende von Hamburg nach Essen geführt.