Die drei Zeltdörfer für jeweils 250 Flüchtlinge stehen noch nicht, da gibt es bereits Forderungen des Landes, in Essen weiteren Platz zu schaffen. So hat das NRW-Wirtschaftsministerium alle Messegesellschaften in NRW angesprochen und um Hilfe gebeten – auch die Messe Essen wurde gefragt, ob in den Hallen oder auf Parkplätzen für zunächst sechs Monate Zelte untergebracht werden könnten. Oberbürgermeister Reinhard Paß hält das für keine gute Idee und hat einen Gegenvorschlag ins Spiel gebracht: „Das Land sollte prüfen, ob der Flughafen Essen-Mülheim für die Unterbringung geeignet ist.“

Für Paß liegt der Vorteil auf der Hand: „Wir haben dort genügend Platz, ohne dass der Flughafenbetrieb eingeschränkt werden müsste.“ Das zeige die demnächst geplante Nutzung eines Teils des riesigen Areals für das Rüttenscheider Oktoberfest. Weiterer Vorteil: „Wasser und Strom, also grundlegende Infrastruktur, sind dann bereits vorhanden und könnten weiterverwendet werden.“ Paß denkt nicht daran, die Flüchtlinge nach den zehn tollen Tagen im Oktoberfestzelt unterzubringen, das dafür im übrigen auch völlig ungeeignet wäre. Aber Versorgungsleitungen wären eben schon einmal gelegt.

Das Land, das an der Flughafengesellschaft zu einem Drittel beteiligt ist, habe signalisiert, dass man der Idee etwas abgewinnen könne, so Paß. Flughafen-Geschäftsführer Günther Helmich bestätigt, dass das Land angefragt hat, ob eine Zeltstadt auf dem Gelände machbar wäre. „Ein sehr schwieriges Thema. Eine Zeltstadt würde dort mit anderen Nutzungen kollidieren“, sagt Helmich und betont: „Die Sicherheit des Flugbetriebes hat oberste Priorität.“ Und: Die dort ansässigen Unternehmen, darunter das Luftschiff-Firmen WDL, eine Flugschule und der Hubschrauber-Betrieb Aveo-Air, dürften nicht eingeschränkt werden

Wie auch immer: Die Messe will Paß auf jeden Fall aus der Asyl-Standortdebatte heraushalten. „Wir haben nach schweren Jahren jetzt eine gute wirtschaftliche Entwicklung, das dürfen wir nicht gefährden.“ In nächsten Halbjahr stehen große Publikumsmessen wie die Motorshow an, die jeden Quadratmeter Messefläche und alle Parkplätze benötigten und vertraglich zugesichert bekommen hätten.

Ferner liefen bereits die Vorbereitungen für den großen Umbau, der im Frühjahr 2016 starten soll und exakt auf die Bedürfnisse der wichtigen Groß- und Leitmessen abgestimmt wurde. Jede mögliche Verzögerung, so Paß, sei fatal, zumal derzeit niemand garantieren könne, dass die Unterbringung für Flüchtlinge sich tatsächlich strikt auf sechs Monate begrenzen lasse. Schließlich sei auch wegen des so genannten „Cross Border Leasing“ eine andere Nutzung vertraglich ausgeschlossen. Die Messe gehört amerikanischen Anlegern, die Messegesellschaft, und nur sie, hat das langfristige Nutzungsrecht.

Essen nehme seine Hilfsverpflichtungen ernst, betont Paß. Aber es gelte auch Schaden von der Stadt abzuwenden und den sozialen Frieden zu erhalten. „Bisher gelingt uns das sehr gut.“