Essen. Frech, fetzig, zuweilen in Feinripp und Leder präsentieren elf Artisten die neue Show „Rockstar“ im GOP in Essen. Da zeigt sich Varieté mal in coolem Gewand.

Bässe wummern im Saal und vorne auf der Bühne fliegen die Diabolos tief. Phil Os zeigt seine rasend schnelle Nummer zu den Klängen von Led Zeppelins „Rock ‘n’ Roll“ und Ram Jams „Black Betty“. Ob hinter dem Rücken, zwischen den Beinen oder im Handstand - er händelt die kleinen, sanduhrförmigen Objekte virtuos, charmant und mit rausgestreckter Zunge. Ein „Rockstar“ unter den Artisten in der von Detlef Winterberg kreierten gleichnamigen GOP-Show, die mit viel Rockmusik sehr erfrischend daherkommt.

Moderiert wird der Abend von „Akascht“, zwei reifen Musikern aus München, die nach eigenem Bekunden eben so am Starsein vorbeigeschrammt sind, Kajal zu Augenfalten tragen und enge Hosen zu spindeldürren Beinen. Aber sie können mehr als die drei gängigen Akkorde für gute und laute, doch nicht zu laute Rhythmen, die die meisten Zuschauer aus Jugendtagen kennen. Was teilweise bis zu 40 Jahre her sein dürfte.

In einer Talentshow entdeckt

ZZ Top und AC/DC, Guns N’Roses und Marilyn Manson kommen live oder aus der Konserve zu Gehör. So wirkt Hula-Hoop mit der rotmähnigen Pippa the Ripper in Feinripp und zerrissenen Hosen wie neu definiert, die Luftakrobatik an Ketten der Kanadierin Elizabeth Williams etwas martialischer zu „Zombies“ von Cranberries, die Handstandakrobatik von Melanie Chy auf einem Chopper zu Steppenwolfs „Born To Be Wild“ wilder und Anna Weirichs Akrobatik an der Stange zum Garbage-Sound noch aufregender. Für die Duisburgerin, die aus Leidenschaft den Job in Essen schmiss und in einer Talentshow für das GOP entdeckt wurde, also ein echtes Heimspiel.

Das trifft auch ein wenig auf das tschechisch-polnische Duo Ogor zu. Denn es war bereits an der Rottstraße zu Gast und hat mit seiner Hand auf Hand-Akrobatik spannungsgeladene wie sinnliche Körperbilder gebaut. Ein Akt der Extraklasse, den man gerne zweimal ansieht.

Mit dicken Schnallenstiefeln auf Schnapsminiaturen

Körperbeherrschung ist auch das Zauberwort für Silke alias Silea und Maxime Poulin alias Jerry. Beide halten in noch so brenzligen Situationen die Balance. Doch sie trägt einen Wäsche-Leder-Look, plappert Schwedisch und läuft über das Seil oder ganz unterschiedlich große Flaschen. Schon toll, wie man sich mit dicken Schnallenstiefeln auf Schnapsminiaturen halten kann. Er dagegen ist ein kleiner, grimmig dreinblickender Fahrradrocker in Trainingshosen und Kopftuch, der seine zwei Räder schwindelerregend durchdrehen lässt und sie in jeder Sekunde und Haltung unter Kontrolle hat.

Großartige Kunst gepaart mit schauspielerischem Können. Kein Wunder, dass Silea seine nassen Handküsse erwidert. Da erhält „Sex, Drugs and Rock ‘n’ Roll“ noch mal eine ganz neue Bedeutung. Fetter Applaus für solche Rockstars.