Essen.. Der Turm ist Sitz der RWE-Konzernzentrale und mit 127 Metern das höchste Bauwerk der Stadt. Jedes Jahr wird die Hälfte der 1000 Scheiben inspiziert.
Beinahe lautlos schnellen die beiden Feuerwehraufzüge empor. „2,5 Meter pro Sekunde“, sagt Objektleiter Kai Herrle knapp. In weniger als einer Minute haben sie die 24 WAZ-Leser in die 26. Etage des RWE-Turms katapultiert. Jetzt geht’s über die Treppe noch ein Stockwerk höher. Und dort, auf der Aussichtsplattform, einer großen Scheibe, fasziniert die Besuchergruppe auf Anhieb dieser einmalige Ausblick: Essen, ihre Heimatstadt, liegt ihnen zu Füßen – mal Wüste aus Stein, aber durchweg sattes Grün – grüne Hauptstadt eben. Autolärm? Doch nicht mehr hier oben.
Mit stolzen 127 Metern (plus Antenne 162 m) überragt der schlanke Büro-Zylinder alle anderen Bauwerke der Stadt. Der Turm, erbaut 1994-96, ist die Majestät unter Essens Hochhäusern – ein architektonisches Ausrufezeichen aus Stahl, Glas und Beton. Postkartenreif und wahrzeichengeeignet.
Blick vom RWE-Turm auf Essen
„Da vorne ist meine Schule, das BMV-Gymnasium“, sagt Joana Ogorek. Die 16-Jährige, zum ersten Mal hier oben, genießt die Fernsicht bis zum Horizont. Ein Erlebnis, das den meisten Großstädtern vor lauter Häuserschluchten verwehrt bleibt. An diesem bewölkten, windigen Juli-Nachmittag herrschen mittelprächtige Sichtverhältnisse. „Ich sehe das Kraftwerk in Scholven und dort die Schalke-Arena“, sagt einer. Auch Antje Amtenbrink aus Kupferdreh findet die Aussicht außergewöhnlich. „Nur mein Kupferdreh liegt heute im Dunst.“
Kai Herrle kennt „seinen“ Turm besser als seine Westentasche. Zahlen, Fakten und Anekdoten sprudeln nur so aus ihm heraus. Er deutet auf die filigrane Stahlkonstruktion und sagt: „Ein Hubschrauberlandeplatz war wirklich mal angedacht, kam aber nicht zustande.“
Dem Stahlbeton-Skelett haben die Planer Ingenhoven, Overdiek und Kahlen eine doppelt verglaste Fassade aus 1000 Scheiben vorgehängt. Jede einzelne wird von acht Schrauben gehalten. „Die Hälfte aller Scheiben muss einmal im Jahr kontrolliert werden“, sagt Herrle, „und zwar Schraube für Schraube“. Fassadenreiniger schauen häufiger vorbei: zwei bis drei Mal im Jahr. Bei Windstärke 4, erfahren die Besucher, sei die Gondel blockiert.
Der ICE, der jetzt in den Hauptbahnhof rollt, sieht aus wie eine Märklin-Lok. Noch schnell eine Salve Panorama-Fotos, dann betritt die Gruppe – halb neugierig, halb andächtig -- den Aufsichtsratssaal mit der prachtvollen Glaskuppel. „Der wuchtige, imposante Tisch ist abgebaut worden, damit der Raum häufiger genutzt werden kann“, berichtet Herrle, und verrät, wo die Schreibtische der Konzernlenker stehen. „In den Etagen 23 bis 27.“
Neun Aufzüge besitzt der Turm. Einer, der gläserne, liegt draußen. Darin lässt Herrle seine Besucher in die 11. Etage fallen: die Umbauetage, in der es nach frisch verlegtem Teppichboden riecht. Wände wurden eingerissen und kleinteilige Bürowaben zu einem Großraum vereint. „Damit mehr Mitarbeiter Platz haben.“ Im C-Geschoss, C wie Casino, stehen die WAZ-Leser auf der hölzernen Seeterrasse des schicken Mitarbeiter-Restaurants. „Ich würde mich wohlfühlen, wenn ich hier arbeiten müsste“, lobt Heinz Niehaus, „eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt – faszinierend.“