Essen.. Die jüngste Hitzewelle ließ sogar den Bitumen im Gleisbett der Evag schmelzen. Evag-Werkstatt hat “eklige Arbeit“ mit Bitumenbrocken.
Wer hat sich nicht schon mal auf eine Bank gesetzt, auf der ein alter Kaugummi klebt? Und richtig laut geflucht...
Solche Rufe schallen seit Tagen immer wieder durch die große Halle der Bahn-Werkstatt auf dem EVAG-Betriebsgelände an der Schweriner Straße. Der Sprecher der Essener Verkehrsgesellschaft, Nils Hoffmann, fasst sie in sechs Wörtern zusammen: „Das ist eine wirklich eklige Arbeit.“
Dabei geht es nicht um ein paar Kaugummi-Reste auf den Sitzpolstern. Die rund 20 Mitarbeiter müssen in Handarbeit kiloweise klebriges Bitumen von den Rädern, Achsen und Drehgestellen abkratzen. Und das seit dem äußerst ungewöhnlichen Vorfall am 2. Juli, als sich Bitumen in der Dehnungsfuge zwischen Straßenasphalt und Gleis in der bulligen Hitze verflüssigte und nicht nur den drei Kilometer langen Abschnitt der U 11-Strecke zwischen II. Schichtstraße und Gelsenkirchen beschmierte, sondern auch den ganz sensiblen Unterbau von elf alten U-Bahnen der Docklands Light Railway.
100.000 Euro Schaden
Verklebt waren nicht nur die großen Laufflächen der Eisenbahnräder, sondern auch die meisten Drehgestelle mit allem drum und dran: Scheibenbremsen, Radlager (von denen einige gleich auf den Schrott kamen) und ganze Achsen.
Selbst die Klappen der großen Sandkästen, die für Bremsmanöver bei besonders nassem Wetter geöffnet werden, waren verstopft. Und manche Radkästen zerbrachen durch regelrecht herumschleudende Bitumenbrocken.
Den Gesamtschaden einschließlich an der Gleisstrecke beziffert Nils Hoffmann auf mindestens 100.000 Euro. Aber das ist nur eine erste grobe Schätzung. Trotz aller Widrigkeiten konnte die Evag bisher neun der elf verschmierten U-Bahnen in Gang setzen. Die restlichen zwei sollen am Donnerstag wieder im Linienverkehr eingesetzt werden. Die größte Schwierigkeit war, das Bitumen herauszulösen. Ein Vereisungsverfahren scheiterte. Und für eine Hochdruckreinigung wären 2000 Bar nötig gewesen, die hätten aber wichtige Teile der Drehgestelle beschädigt.
"Das wird uns nicht noch einmal passieren"
So blieb nur der Griff zum Kratzer – so wie man zu Hause verkrustete Kochreste von der Ceran-Herdplatte schabt. Am Ende mussten die Mitarbeiter die Hallentüren weit öffnen und sich Atemmasken aufsetzen, um die letzten Schmierstreifen mit übel riechenden Lösemitteln wegzubekommen.
„So etwas haben sich unsere Techniker einmal angetan. Aber das wird uns nicht noch einmal passieren“, kündigt der Evag-Sprecher an. Zum einen werden die oberirdischen Strecken der Stadtbahn-Linien U 11 und U 17 (zwischen Gemarkenstraße und Holsterhauser Platz) noch gründlicher inspiziert – vor allem an besonders heißen Tagen wie am kommenden Freitag mit prognostizierten 31 Grad Celsius, zum anderen – so die derzeitige Überlegung – soll die Dehnungsfuge in kürzeren Abständen als bisher komplett ausgetauscht werden, um eine Materialermüdung auszuschließen, möglicherweise schon nach dem Ablauf der üblichen Fünf-Jahres-Garantie des Bitumenherstellers. Das wäre jedenfalls um ein Vielfaches günstiger als die großen Eisenbahnräder der U-Bahnen, die über die Gleisrille rausragen und so das aufgeweichte Bitumen aufgerollt hatten, durch kleinere Straßenbahnräder zu ersetzen. „Denn dann müssten wir für diese Räder auch alle Weichen austauschen“, so Hoffmann. Und dafür hat die Evag schlicht kein Geld.