Mit dem überraschenden Umfrageergebnis zur Oberbürgermeister-Wahl bricht mitten im Sommerloch etwas Wahlkampf aus. Doch der Initiativkreis Ruhr mauert: Mehr Ergebnisse gibt’s nicht.
Gerade noch war tiefstes Sommerloch und der Wahlkampf ganz weit weg: Oberbürgermeister Reinhard Paß, so entnimmt man Facebook, knipste kurzbehost im Allgäu ein entgegenkommendes Grautier. Und Thomas Kufen genoss, ebenda nachzusehen, die Beinfreiheit bei einem Besuch der Ausgrabungsstätten von Pompeji.
Der Politiker in der Urlaubsidylle – das ist bei den beiden aussichtsreichsten OB-Kandidaten selbstredend Teil der öffentlichen Inszenierung, und alles Ungeplante stört da irgendwie nur. So auch die überraschenden Ergebnisse der Forsa-Umfrage, die die NRZ gestern enthüllte: Paß und Kufen gleichauf bei 31 Prozent, 38 Prozent noch unschlüssig oder anderweitig orientiert – das lässt sich nutzen, politisch, von jedem. Der Wahlkampf hat begonnen.
Vorneweg die Grünen, deren Vorstandssprecher, der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring, die eigene Bewerberin Gönül Eglence gestern schon als lachende Dritte im Bund der „ideenlosen schwarz-roten Koalition im Rat“ sah: Der OB habe „jeden Amtsbonus aufgebraucht“ und Kufen fehle „die notwendige Zugkraft“.
Das dürften beide anders sehen: Während der OB bis zum Abend auf einen Kommentar verzichtete, fasste sich Kufen kurz: „Es gilt auch hier: Umfragen sind keine Wahlergebnisse“, mahnte der CDU-Herausforderer.
Das dürften auch die anderen OB-Kandidaten so sehen, denn insgesamt wollen in Essen nicht weniger als ein Dutzend Anwärter auf den Posten des Stadtoberhaupts ins Rennen gehen. Sieben Bewerber konnten sich das mühselige Sammeln von stadtweit 450 Unterschriften sparen, weil ihre Parteien im Stadtrat vertreten sind, die Bewerberin der DKP hat die Sammel-Hürde nach Angaben des Wahlamtes immerhin bereits geschafft, vier weitere – darunter drei Einzelbewerber – müssen noch liefern. Sie haben dazu bis zum 27. Juli um 18 Uhr Zeit. Dann wird die Kandidatenliste (siehe unten) endgültig geschlossen.
Drei Wochen dauert es danach noch, bis das Wahlamt die Wahlbenachrichtigungen verschickt – Zeit genug, für eine heiße Wahlkampf-Phase, die bei der Temperatur womöglich noch etwas zulegen könnte, gäbe der Initiativkreis Ruhr sämtliche Ergebnisse seiner Umfrage „RuhrMeter“ preis.
Doch das Unternehmens-Bündnis denkt gar nicht dran. Umfragen lasse man nahezu monatlich machen, sagte der Sprecher des Initiativkreises Ruhr, Christian Icking, gestern der NRZ: „Wir sehen das als ein Instrument, das uns Auskunft darüber gibt, wie das Ruhrgebiet zu öffentlich diskutierten Fragen tickt.“
Wo noch gefragt wurde, bleibt geheim
Angelegentlich lässt man die Öffentlichkeit sogar daran teilhaben: bei Fragen zur Energiewende war dies etwa der Fall, beim Thema Mobilität im Revier oder in Sachen Bildung vor Ort. Das Juni-„RuhrMeter“ aber, das die Fragen zu Reinhard Paß und seinem Herausforderer Thomas Kufen enthielt und bei dem jetzt in irgendeiner Schublade die Antwort auf die Frage liegt, wie die Essener die Amtsführung von Reinhard Paß auf einer Gut-Schlecht-Skala von 1 bis 10 einordnen – „das wollen wir weder veröffentlichen noch kommentieren noch uns weiter dazu äußern“.
Ja, der Initiativkreis Ruhr mochte gestern auf Anfrage nicht einmal öffentlich machen, ob er eine vergleichbare Umfrage zur OB-Wahl auch in Mülheim, Bochum oder Oberhausen eingestielt hat – auch dort tickt das Ruhrgebiet, auch dort wird am 13. September der Oberbürgermeister-Posten neu besetzt. Das Schweigen regt die Phantasie an – nicht nur die von Politikern.
Das sind die OB-Kandidaten:
Reinhard Paß (SPD)
Thomas Kufen (CDU)
Gönül Eglence (Grüne)
Christian Stratmann (FDP)
Wolfgang Freye (DIE LINKE)
Tony-Xaver Fiedler (pro NRW)
Jürgen Lukat (Die PARTEI)
Siw Mammitzsch (DKP)
Sandra Ramona Ruth Lück (Tierschutzpartei)*
sowie die drei Einzelbewerber
Dennis Dudda *
Christian Scharff *
Anja Körber-Giovanelli *
* Die 450 erforderlichen Unterstützungsunterschriften liegen noch nicht komplett vor