Essen. . Das Werksschwimmbad auf Zollverein zählt zu den 15 spannendsten Open-Air-Bädern der Republik. Dass das Becken unbeheizt ist, stört kaum.
Luft 21 Grad, Wasser nur 19. Aber den Stoppenberger Jungs macht das kühle Nass im Werksschwimmbad überhaupt nichts aus. „Is’ echt cool hier“, sagen Tobias (14), Tom (18), Tobias (12) und Cris (12). Sie genießen die Sommerferien – und natürlich den freien Eintritt. Ferien hat auch Rainer Jungblut (49), der Studienrat aus Werden. Sein pfiffiges schwarzes Dienst-T-Shirt weist ihn als „Werksschwimmbad(e)meister“ aus. „Wir haben hier ein tolles Publikum“, sagt er, „Kids von nebenan und Touristen aus aller Welt.“
Die Zollvereiner sehen in der spartanischen Installation der Frankfurter Künstler Dirk Paschke und Daniel Milohnic mehr als nur zwei zusammengeschweißte Überseecontainer: nämlich eine „soziale Skulptur, die den Strukturwandel im Ruhrgebiet“ thematisiert.
Monströse Industrierelikte
Wohl wahr: Als die Kokerei noch „verbotene Stadt“ war, müsse hier ein schier unerträgliches Arbeitsklima geherrscht haben. „Es war laut, stickig und hat ziemlich übel gerochen“, sagt Sprecherin Ute Durchholz. Heute ragen rund ums kleine, 2,40 Meter tiefe Bassin monströse Industrierelikte stumm und erhaben in die Höhe: der schlanke Schornstein, die wuchtige Mischanlage, das Druckmaschinengleis und die bullige Ofenbatterie – imposante Giganten aus Stahl und Stein.
Schwimmen auf Zeche Zollverein
Auf den Tropenholz-Brettern haben an diesem Freitag zwei Bikini-Schönheiten ihre Strandlaken zum entspannten Sonnenbad ausgebreitet: Carolin Gutsche aus Köln hat ihre Freundin Deborah Taminiaux aus dem belgischen Mons, der Kulturhauptstadt 2015, mitgebracht. Die Studentinnen kennen sich seit dem Erasmus-Jahr 2011 in Ljubljana. „Das Werksschwimmbad ist eines der 15 coolsten Freibäder in Deutschland, das muss man unbedingt gesehen haben“, sagt Carolin. Und Deborah ist ebenfalls hingerissen. „Eine faszinierende Location.“
„Absolut toll ist es hier, und die Leute sind freundlich"
Während die Essener Jungs sich mit „Köppern“ ausgelassen ins ungeheizte Bassin stürzen, packen Jürg Gutzwiller, seine Frau Bernadette und die drei Kinder den großen Rucksack aus. „Wir kommen aus Basel und machen eine Woche Urlaub im Ruhrgebiet“, sagen sie. Nach Henrichshütte und Landschaftspark Nord ist jetzt Zollverein an der Reihe. „Absolut toll ist es hier, und die Leute sind freundlich.“ Aber ist das Wasser nicht zu kalt? „Ach was“, erwidert Jürg, und wirft sich kopfüber ins Türkisblaue. Das Bad in der Kokerei – ein international bekanntes Label: Ding-Wei (33), der chinesische Radtourist, der am Vortag noch in Barcelona war, hat keine Badehose dabei, aber eine Kamera. „Fantastic“, sagt er, und knipst entzückt drauf los.
Welterbe hin, Mythos Industriekultur her: Hugo Pankratz (72), aus Stoppenberg, lässt der Rummel völlig kalt. „Ob bei Regen oder bei Hitze, ich bin immer hier – das ist mein zweites Zuhause.“
Info: Das Werksschwimmbad ist noch bis zum 16. August täglich von 12 bis 20 Uhr geöffnet. Nur am Samstag, 11. Juli, ist es wegen einer Veranstaltung geschlossen.