Essen. Junge Männer sind sie, kommen aus geordneten Verhältnissen – und verdienten ihr Geld mit Drogen. Jetzt muss einer von ihnen ins Gefängnis.
Drogenhandel als Alternative zu einer Berufslaufbahn: Daran erinnern die Geschäftspraktiken mehrerer junger Männer aus dem Essener Süden, die in kurzer Zeit reichlich Haschisch und Marihuana absetzten. Den Hauptangeklagten, einen 28 Jahre alten Kupferdreher, verurteilte die XVI. Strafkammer am Mittwoch zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Immerhin durfte er nach einem halben Jahr U-Haft das Gefängnis vorerst verlassen.
Einblick in bürgerliches Milieu
Beruflich hatte er einiges versucht, aber nichts abgeschlossen. Da muss ihm die Idee mit dem Drogenhandel gekommen sein. Eine Geschäftsidee, die Neider auf den Plan ruft. So bekam die Polizei einen Hinweis aus der Szene auf den jungen Kupferdreher, hörte ab Oktober 2014 sein Handy ab und observierte ihn.
36 Käufe, meist 50 Gramm-Rationen, registrierten die Beamten und bekamen Einblick in eine bürgerliche Szene von Kupferdreh, Byfang, Stadtwald und Rellinghausen – alles Stadtteile, die nicht unbedingt als Schwerpunkt der Kriminalität gelten. Und verwickelt in die Drogengeschäfte war mal der Sohn eines braven Arbeiters, der seit 30 Jahren denselben Chef hat, mal der eines Architekten. Ein ehemaliger Oberliga-Fußballer zählte zu dem Kreis junger Männer, 22 bis 28 Jahre alt, aber auch ein angehender Student.
Beim Kupferdreher liefen die Fäden zusammen. Er hatte mehrere Lieferanten, orderte bei ihnen per Telefon neue Ware. Wenn er sie hatte, verschickte er wie ein Geschäftsmann Rund-SMS an seine Klein-Abnehmer, die Süchtigen. Er selbst, wie die meisten seiner an den Verkäufen beteiligten Freunde, war von Drogen nicht abhängig. Dass die Polizei Telefone abhört, wussten sie wohl nicht. Relativ unverblümt priesen sie per SMS ihren „brutal“ guten Stoff an.
Hauptlieferant aus Rellinghausen ist flüchtig
Gegen zwei Angeklagte verhandelte die XVI. Kammer an zwei Tagen. Neben dem Kupferdreher musste sich ein 22-jähriger Byfanger, sein „Fahrer“, wegen Beihilfe verantworten. Er bekam eineinhalb Jahre Haft mit Bewährung.
Der Hauptlieferant, ein Mann aus Rellinghausen, wo die Drogengeschäfte auf dem Parkplatz eines Supermarktes abgewickelt wurden, ist flüchtig. Er wird vermutlich nicht auf ein so mildes Urteil wie der Kupferdreher hoffen dürfen. Richter Martin Hahnemann warnte im Urteil, Marihuana als „weiche Droge“ zu verharmlosen. Gerade junge Menschen entwickelten nach dem Konsum dieser Droge „Psychosen, die sie ein ganzes Leben behalten“.