Essen. Über viele Jahre hat der Projektentwickler Klaus Wolff schwierige Neu- und Umbauten zuverlässig in Essen möglich gemacht. Inzwischen haben oft Anwälte das Wort. Anatomie einer zerrütteten Beziehung.

Es gab Zeiten, da war Klaus Wolff so etwas wie der Problemlöser schlechthin in Essen. Wenn es bei großen Bauvorhaben hakte, war der Projektentwickler mit Haupt- und Wohnsitz in Stuttgart zur Stelle. Wolff rechnete durch, arbeitete konzentriert ab – und am Ende stand ein gutes Ergebnis, wo andere bereits aufgegeben hatten oder gar nicht erst antraten. Aus und vorbei. Als vergangenen Freitag im Museum Folkwang die Polizei anrückte, weil Mitarbeiter der Wolff-Tochterfirma NMFE im Streit um die Übergabe des Gebäude-Managements Unterlagen aus dem Haus schafften, war der vorläufige Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Wolff und der Stadt Essen erreicht. Übernehmen soll im Folkwang die Stadttochter GVE, deren Interimschef Dirk Miklikowski Wolff seit langem in Abneigung verbunden ist.

Dass es soweit kommen konnte, hat sowohl politische als auch sehr persönliche Gründe. Die Ära von Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger von 1999 bis 2009 war die große Zeit des heute 56-Jährigen in Essen, was nicht bedeutet, dass es damals keinen Ärger gab. „Man musste ihn zu nehmen wissen“, seufzt einer, der nah am OB war und sich einmal angeblich nicht anders zu helfen wusste, als den tobenden Klaus Wolff aus seinem Büro zu werfen. Wolff ist ein Perfektionist mit all den Kehrseiten, den dieser Typus oft besitzt: Ungeduld, hochfahrendes Temperament und eine Neigung, bei anderen Mittelmaß oder Schlimmeres zu vermuten, womit er allerdings häufig nicht ganz falsch lag.

Unbedingter Wille zur Qualität

Da ihn viele als eine Art Baumeister der Reiniger-Administration ansahen, wurde Wolff kritisch beäugt, als Reinhard Paß 2009 im Rathaus auf den Chef-Sessel kam. Früh problematisierte der neue OB im kleinen Kreis die Tatsache, dass Wolff über seine Tochterfirma NMFE („Neue Museum Folkwang Essen GmbH“) für als hoch erachtete 3,85 Millionen Euro pro Jahr die technische Betreuung – Neudeutsch: Facility Management – des nagelneuen Museums übernahm, das er zuvor als Generalplaner auch errichtet hatte.

Wie bei nahezu allem, was Wolff anpackt, stimmte aber auch diesmal die Leistung. Bis heute machen Haus und Außenanlagen des Museum Folkwang einen hervorragenden Eindruck, von nachträglichen gravierenden Baumängeln – bei solchen Projekten leider gang und gäbe – ist nichts bekannt. Der Enthusiasmus des gebürtigen Dortmunders Klaus Wolff, sein in der Bauphase bewiesener unbedingter Wille zur Qualität, hatten keinen Geringeren als Berthold Beitz beeindruckt, der mit dafür sorgte, dass Wolff auch nach Fertigstellung des Museums erst einmal an Bord blieb.

Nur beim Kreuzeskirchviertel aufgegeben

Das gefiel nicht jedem. Als Paß Anfang 2010 in Sachen Museum die seiner Ansicht nach zu hohen Kosten für die Eröffnungsfeier monierte, war das Tischtuch zerschnitten und ließ sich auch nie mehr so recht flicken. Gleichwohl blieb Wolff in Essen aktiv, versuchte sich sogar als Betreiber der Gastronomien in den drei Kulturhäusern Grillo-Theater („Café Central“), Museum Folkwang („Vincent&Paul“) und Philharmonie („Wallberg“), wobei vor allem das Wallberg-Engagement sich desaströs entwickelte. „Das Bauwesen ist kein Markt für Laien“, ließ Klaus Wolff jüngst in einem Porträt über sich wissen, „es ist leicht, hier Geld zu verlieren“. Anscheinend gilt das auch für die Gastro-Branche. Die Wolff-Gruppe hat diesen Ausflug mittlerweile beendet, die Folgen auch arbeitsrechtlicher Art sind aber noch nicht ausgestanden.

Weil Wolff zuletzt oft im negativen Kontext auftauchte, müssen schon fairnesshalber seine Leistungen in Essen genannt werden. Es gebe beim Bauen drei Kategorien, an denen er sich messen lasse, sagt er gerne: Kostendisziplin, pünktliche Fertigstellung und Qualität. Wie jeder weiß, liegt bei Bauprojekten in Trägerschaft der öffentlichen Hand bei allen drei Punkten häufig vieles im Argen. Wolff gelang es, Kaliber wie den komplexen Umbau des Saalbaus zur Philharmonie, den Neubau des Museums und den Bau des Stadions vertragsgemäß zu erledigen, wobei der Finanzärger rund ums Stadion – nach allem was man weiß – ihm nicht anzulasten ist. Den Bau des gelungenen Messehotels „Atlantic“ – ein jahrelanger Zankapfel in Essen – erledigte er fast nebenbei, und das Projekt Eon-Zentrale drohte vollends zu scheitern, bevor Wolff auch hier seine ungewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellte. Einzig beim Umbau des Kreuzeskirchviertels, den er immerhin anstieß, strich Wolff die Segel.

Seelisch wund durch eine Krankheit

Der Allbau übernahm. Vorstandschef ist – Dirk Miklikowski. Zwei Alphatiere, die sich nicht leiden mögen? Schon möglich, dass auch dieses alte Motiv beim hässlichen Streit um das Gebäude-Management des Museums eine Rolle spielt. Es heißt im Hause Wolff, es gehe ihm um das Schicksal der bei der NMFE Beschäftigten. Doch ob dies die ganze Wahrheit ist? Seelisch wund gerieben durch eine schwere Krankheit und tief verärgert über die Essener Stadtoberen, fällt es Wolff wohl generell schwer, „sein“ Museum Folkwang in Hände zu geben, deren Fähigkeiten er gering schätzt.

Tatsache ist: Ab morgen gibt im Museumsbau die GVE technisch den Ton an. Miklikowski und die Stadt haben vor Gericht gegen Wolff eine einstweilige Anordnung beantragt, die ihn zwingen soll, die Akten herauszugeben. Eine Eskalation, an der Wolff nicht unbeteiligt ist und die vor dem Hintergrund erwiesener Verdienste umso bitterer ist.