Essen. Krupp-Stiftung zahlt für fünf Jahre eine Million Euro. Das Museum übernimmt damit eine bundesweite Vorreiter-Rolle. Nur Sonderschauen kosten weiter
Das Museum Folkwang wird Vorreiter in der deutschen Museumslandschaft. Ab sofort ist der Eintritt ins Museum an allen Öffnungstagen der Woche kostenlos. Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die bereits den noblen Museums-Neubau durch den britischen Star-Architekten David Chipperfield mit 55 Millionen Euro ermöglicht hat, fördert das Projekt in den kommenden fünf Jahren mit einer Million Euro. Mit dem Geld werden die der Stadt Essen entgangenen Einnahmen ausgeglichen. Das Museum Folkwang ist damit das bundesweit erste Museum dieser Größenordnung, das diesen viel diskutierten Schritt wagt. Das Angebot gilt für die ständige Sammlung und alle Wechselausstellungen im Bereich Grafik, Fotografie und Plakat. Allein die großen Sonderschauen bleiben von der Kostenlos-Regelung ausgeschlossen.
Mit diesem Paukenschlag dürfte die Krupp-Stiftung international für Aufmerksamkeit sorgen – und die damit stets verbundene Debatte um den „Wert“ eines Museumsbesuchs neu entfachen. Die meisten Ausstellungshäuser beschränken ihr kostenloses Angebot bislang auf bestimmte Tage und Altersgruppen, auch in Essen hatte man das Haus nach längerem Vorlauf zunächst an jedem dritten Samstag im Monat mit Hilfe von Sponsoren eintrittsfrei gemacht. Dementsprechend glücklich zeigte sich Museums-Chef Tobia Bezzola gestern über die großzügige Entscheidung der Krupp-Stiftung, mit der das Museum Folkwang nun eine nationale Sonderposition übernimmt. „Die Menschen können das Angebot jetzt anders und öfter nutzen: spontaner, gelassener, zwangloser. Auch mal nach Feierabend oder vor dem Samstageinkauf mit der Familie“, hofft Bezzola, der damit wirbt, dass das Haus eigentlich doch „alle vier Wochen etwas Neues zu bieten hat“.
Bislang haben vor allem britische Nationalmuseen wie die Tate Modern den komplett freien Eintritt eingeführt. Dort haben sich die Besucherzahlen anschließend mehr als verdoppelt. Mit London möchte man sich nicht auf eine Stufe stellen, dort sei das Gros der Besucher vor allem Touristen, sagt Bezzola. Gleichwohl setzt man auf eine deutliche Steigerung der Besucherzahlen, die zuletzt bei einer Viertelmillion im Jahr lag.
„Wir erhoffen uns davon, dass mehr Menschen dieses wunderbare Haus und seine Kunst besuchen - auch solche, die vielleicht noch nie ein Museum betreten haben. Und vor allem Schulklassen“, sagte die Kuratoriumsvorsitzende Ursula Gather, die von einem „großen, durchaus spannenden Experiment der deutschen Museumslandschaft“ spricht. Die Entscheidung stehe in bester Tradition der Krupp-Stiftung „Kunst und Kultur für alle zu ermöglichen“. So habe auch der 2013 verstorbene Berthold Beitz den Neubau des Museum Folkwang als „Geschenk an alle Bürger“ verstanden. „In diesem Sinne fahren wir fort“, so Gather. Und angesichts der Gesamtfördersumme von 68 Millionen Euro, die die Krupp-Stiftung bislang ins Folkwang gesteckt hat, dürfte sich manches Haus in nah und fern einen ähnlichen Mäzen herbeiwünschen.
Bei der Stadt Essen, die zuletzt einräumen musste, dass die millionenschweren Instandhaltungsrücklagen fürs Museum Folkwang in den Topf für den Stadion-Bau umgeleitet worden waren, zeigte man sich gestern ebenfalls begeistert. „Kunst sollte für jeden zugänglich sein“, findet Oberbürgermeister Reinhard Paß. Ab heute gilt die Einladung für alle.