Freisenbruch. .

Die heiligen Orte sind der Vorgeschmack auf den Himmel. Zumindest für Sänger und Zeitgenossen, denen Frömmigkeit noch etwas sagt. Zu diesen gehört auch der Essener Romanos-Chor, der in Russland Kirchen und Klöster besuchte – und dort das tat, was er am besten kann: singen. Ein Reisebericht.

Wie an der Perlenschnur gezogen, halten sich die einzigartigen Städtchen in sicherer Entfernung zu Moskau. Als kleine Hauptstadt des „Goldenen Ringes“, der seinem Namen alle Ehre macht, prunkt Susdal, eines der ältesten Ortschaften Russlands mit mehr als 300 historischen Gebäuden unter dem Schutz des Unesco-Erbes.

„Dort als Essener Chor zu singen, ist eine Art Ritterschlag“, sagt Chorgefährte Bernd Hagenbusch, „und eine Herausforderung“. Denn zunächst singen die Russen selbst. Vier Weltklassestimmen, geschult an der unglaublichen Akustik des Erlöser-Euthymion-Klosters, zaubern pianissimo eine vierstimmige Kostbarkeit nach der anderen in den bis zur Turmhöhe mit Fresken bemalten Bau. Da bleibt den 30 Sängerinnen und Sängern aus Freisenbruch, Heisingen, Katernberg und Co. schon mal kurz die Spucke weg.

Die Profis sind überrascht

Doch der Romanos-Chor schlägt sich achtbar, wirklich achtbar. Dies zeigen nicht zuletzt die angenehm überraschten Mienen der russischen Profis, die über einen deutschen Chor für orthodoxe Liturgie zuvor sicher nur höflich, aber ziemlich müde gelächelt hätten.

Bewegendes Konzert in Moskau

So geht es eine Woche lang: Singen im Renaissance-Kleinod unter den Wallfahrtskirchen, Bogoljubowo, in den sattgrünen Wiesen vor Wladimir. Singen in der Krypta in Sergijew Possad, dem vielleicht prächtigsten Ort außerhalb des orthodoxen Himmels – Sagorsk hieß er früher. Dreizehn Kirchen scharen sich um die prächtige Kathedrale auf dem Areal des Dreifaltigkeitsklosters und die Gäste von der Ruhr sehen sich nicht satt.

Ein Höhepunkt der Reise führt doch nach Moskau. Das Romanos-Konzert in der Jelochow-Kathedrale im Herzen der Metropole. Am frühen Morgen darauf in der intimeren Nikita-Kirche singen die Essener das letzte Lampenfieber weg und begleiteten den Gottesdienst zweieinhalb Stunden lang mit der „Göttlichen Liturgie“ von Tschesnokow. Um später gleicherorts noch ein letztes Konzert zu geben.

Standing Ovations sind eine schöne Erfahrung. Davon bekamen die Essener reichlich, an allen Orten, wo sie sangen. „Doch noch schöner ist es, dass uns das warmherzige Publikum in die russische Seele geschlossen hat“, sagt Bernd Hagenbusch. Zumal es nicht beim Zuhören allein bleibt, denn „man betet mit. Schließlich sind alle orthodoxen Gesänge, selbst die von Rachmaninov und Tschaikowski, Gebete.“