Essen. . Die Essener Verkehrsgesellschaft Evag lässt die Fahrgäste in mehreren Linienbussen mit Hilfe einer Videokamera automatisch zählen.

Die Videokamera ist winzig klein und kaum sichtbar unter dem Dach des Busses unweit der Eingangstür angebracht. So will die Essener Verkehrsgesellschaft Evag ein Auge auf jeden Fahrgast werfen, der zusteigt.

Nicht um Schwarzfahrer oder mögliche Vandalen auf dem Bild festzuhalten – sondern um einen virtuellen Strich auf der Fahrgastliste zu machen. Der Kunde wird zur Nummer – automatisch erfasst und gezählt. In Essen werden bald mehr als zehn Busse mit dieser neuen Technik fahren.

Für den Verkehrsbetrieb ist das neue Projekt zukunftsweisend. Schließlich geht es dabei um Kernfragen für den Nahverkehrsplan, den Fahrplanwechsel oder um die Überprüfung aktueller Beschwerden und Nachfragen:

Sind im Linienbus nur ein paar Sitzplätze besetzt – oder ist er rappelvoll? Kann die Taktzeit verlängert werden – oder ist der Bus zu voll? Reicht auch der kleinere Solo-Bus oder muss der große Gelenkbus eingesetzt werden? Wird überhaupt die ein oder andere Stadtteil-Linie, die bis an den Stadtrand fährt, am späten Abend noch genutzt? Müssen am Morgen vielleicht doch mehr E-Busse angefordert werden, weil deutlich mehr Jungen und Mädchen als erwartet sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg zur Schule machen?

Um die richtige Antworten darauf zu finden, „brauchen wir verlässliche Zahlen“, betont Evag-Sprecher Olaf Frei. Deshalb sind ständige Fahrgastzählungen nötig. Bisher übernehmen das von der Evag beauftragte Studierende, die eine Stoppuhr und einen Strichbogen bei sich haben. Aber die jungen Leute können nicht überall zu jeder Zeit sein. Sie konzentrieren sich auf wenige Haltestellen auf bestimmten Linien, wo sie sich postieren. Frei: „Das wird heute noch händisch gemacht.“

Jetzt aber beschafft Via, das gemeinsame Bündnis der Verkehrsbetriebe von Essen, Mülheim und Duisburg, für 34 Busse ein videobasiertes Fahrgastzählsystem mit dem Namen „Eyeone“ von MG Industrieelektronik. 250.000 Euro kostet das Pilotprojekt. Jeder dritte dieser Busse wird in Essen eingesetzt.

Die Via hatte sich für dieses System entschieden, weil es zuverlässiger als Infrarotsensoren zählen soll – und weil bei Zweifeln das Material noch mal gesichtet werden kann – und gegebenenfalls nachgezählt wird.

Deshalb wird jeder Kunde im Bild aufgenommen. „Wir haben aber streng darauf geachtet, dass der Datenschutz eingehalten wird“, erklärt Olaf Frei. Da die Kamera den Fahrgast nur von oben aufnimmt, ist er nicht zu identifizieren. Sein Gesicht erfasst die Linse nicht.

Auch an der Ausgangstür ist eine kleine Kamera an der Decke angebracht, um die Aussteiger an den jeweiligen Haltestellen zu zählen. Sobald der Busfahrer nach Dienstende wieder in den Betriebshof zurückkehrt, werden von dort die gesammelten Zählerdaten an einen Zentralrechner weitergeleitet und ausgewertet.

Langfristig soll dieses System in jedem fünften Bus eingebaut werden. In Essen setzt die Evag derzeit 186 Busse im Linienverkehr ein.