Der Stadthistoriker hat ein Buch über seine Kindheit und Jugend in der Feldstraße in Borbeck geschrieben und erzählt darin auch manche Anekdote
SCHWERPUNKT GESCHICHTE Man kennt Ernst Schmidt als Historiker, der sich der Sozialgeschichte, aber auch der Gräuel des Nationalsozialismus annimmt. In seinem jüngsten Buch zeigt er sich von einer anderen, unbekannten Seite. Der ernsthafte Ernst Schmidt erzählt in "Damals in der Feldstraße" Geschichten und Anekdoten aus seiner Jugend, erzählt von seiner Familie, den Mitschülern, seiner Zeit im Bibelkreis in der Bekennenden Kirche unter den Nazis, spart aber auch seine Zeit als Pimpf im Jungvolk der Hitler Jugend nicht aus. Und gerade in diesen Passagen schimmert der politische Ernst Schmidt doch immer wieder durch, der Ernst Schmidt, der Soldat war und heute den Krieg "furchtbar" nennt.
Konsequent endet das Buch mit dem Abschluss der Lehre beim "Essener Lokalanzeiger", später der "Nationalzeitung" und der Einberufung zur schweren Artillerie in Ostpreußen. "Das Denken überlassen Sie den Pferden, die haben die größeren Köpfe. Abheute gilt für Sie nur ein Wort und das heißt: Gehorchen. Und ich habe gehorcht. Ich ließ mir das Denken verbieten", schreibt Schmidt.
Dennoch, es gibt den anderen Ernst Schmidt. Der beim ungeliebten Nachbarn den Mast für die Radio-Antenne umlegte, so dass der nichts mehr hören konnte. Der mit seiner Familie beim "Urlaub zu Haus" mit Eltern und Schwester am Stadtwald in einem Gartenlokal "Hier können Familien Kaffee kochen!" Brötchen mit Blut- und Fleischwurst verzehrte. Der "Borbecker Halblang" und im Winter die langen Strümpfe mit einem Leibchen trug.
Gewidmet hat Schmidt das Buch seine Urenkelin Pia Dignath. "Wenn sie größer ist, soll sie wissen, wie es sich damals in Borbeck gelebt hat." Denn, so Schmidt weiter, wer kennt das Ballspiel "Probe" der Mädchen heute noch? Oder wer weiß, dass "Bollerringe" von Speichen befreite Radfelgen waren? Und natürlich erzählt er vom Weihnachtsbummel "nach Essen". Vater und Kinder gingen zu Fuß, Mutter Schmidt, nicht so gut zu Fuß, fuhr mit der Straßenbahn.
Als Schmidt das Manuskript des Buches fertig hatte, ließ er es von Walter Wimmer, ehemals Chefredakteur der Borbecker Nachrichten, und von Günter Streich, Autor der Essener Geschichte und Geschichten, lesen. Und an den Erzählstil von Streich hat sich Schmidt in durchaus eigener Art angelehnt. Ihn kopiert aber hat er nicht.
Es ist ein Buch über das alte Borbeck. Aber durchaus kein "altes Buch".