Die Drogenabhängigen werden dank besserer Betreuung und Hygiene zusehends älter. Das bringt neue Herausforderungen mit sich.
Sie sind kaum 50 Jahre alt, doch ihre Körper sind ausgezehrt, kaputtgespritzt vom jahrezehntelangen Konsum harter Drogen. Essens Junkies kommen in die Jahre. Im besten Sinne des Wortes: Sie werden immer älter. Doch die aufgrund besserer Notfall-Betreuung und Hygiene gestiegene Lebenserwartung hat ihren Preis.
Mehrere chronische Erkrankungen
Die Süchtigen leiden oftmals an gleich mehreren chronischen physischen aber auch psychischen Erkrankungen. Ihr biologisches Alter liegt im Schnitt 15 Jahre über dem eines Nicht-Konsumenten, ihre Pflegebedürftigkeit steigt inzwischen dramatisch. Das stellt ganz neue und bislang wenig beachtete Anforderungen an die Alten- und Pflegeheime, die auf dieses Phänomen nicht vorbereitet sind.
Auch wenn die Zahl der beklagenden Drogentoten in Essen im vergangenen Jahr mit zehn Opfern weiterhin niedrig ist, muss eine Zahl alarmieren: Neun der Verstorbenen – allesamt Männer – waren zwischen 40 und 45 Jahre alt.
Ein Thema für die Gesundheitskonferenz
Das, was für die Experten der Suchthilfe eine absehbare Entwicklung war, kommt nun langsam auch in der Politik an. Mit dem Thema „Alternde Drogenabhängige“ beschäftigt sich nach einer Initiative der Ratsfraktion „Die Linke“ bald die Essener Gesundheitskonferenz. Längst suchen Drogenhelfer nach einer Lösung: Denkbar wäre auch in Essen eine Art Altersheim für Junkies.
Den bislang deutschlandweit einzigen Prototypen des betreuten Wohnens für langjährig von illegalen harten Drogen Abhängige hat sich eine Essener Delegation von Fachleuten bereits in Unna angeschaut. Dort leben ältere Süchtige unter einem Dach, bleiben so lange selbstständig wie möglich, werden ärztlich betreut, substituiert und wenn notwendig auch gepflegt.
Es ist ein erfolgreiches Projekt, was auch für Essen Sinn machen könnte: Weit mehr als die Hälfte der rund 3000 bei der Suchthilfe registrierten Nutzer des Drogenkonsumraums an der Hoffnungstraße sind inzwischen älter als 35 Jahre. Ihr zuweilen schlechter Gesundheitszustand schlägt sich deutlich in der Statistik der Drogentherapeutischen Ambulanz nieder.
214 medizinische Behandlungen waren dort im vergangenen Jahr notwendig – rund ein Fünftel mehr als geplant. In 50 Fällen musste ein Notarzt Leben retten im so genannten Druckraum. Im Jahr zuvor waren nur 15 dieser Notfallbehandlungen notwendig. Diese deutliche Steigerung führt die Suchthilfe auf einen zunehmend risikoreichen Konsum unterschiedlicher Drogen, aber vor allem auch auf die schlechte gesundheitliche Verfassung der immer älter werdenden Drogenabhängigen zurück.