Essen. . 7.841 Läufer gingen beim Marathon der Wohnungsbaugesellschaft Vivawest an den Start. Überschattet wurde die Veranstaltung vom Tod eines 30-Jährigen, der plötzlich zusammengebrochen war

„Da geht doch noch was, das ist doch kein Kinderrennen hier!“ frotzelt Klaus Berghaus ins Mikro, als die nächsten Läufer einen Fanpoint auf dem Gelände der Zeche Zollverein passieren. 7.841 Läufer aus dem gesamten Ruhrgebiet gingen beim Vivawest-Marathon an den Start, der die Teilnehmer über Gelsenkirchen, Essen, Bottrop und Gladbeck führte. In Essen verlief die Strecke von der Zeche Zollverein in Richtung Innenstadt – am Kennedyplatz hatte etwa der Sportartikel-Hersteller Decathlon eine Versorgungsstation eingerichtet, wo Getränke und Bananen für die Läufer ausgegeben wurden.

Überschattet wurde die Veranstaltung tragischerweise vom Tod eines 30-jährigen Teilnehmers, der nach 19 Kilometern in Gelsenkirchen Feldmark auf der Halbmarathonstrecke, die zum Teil auch durch den Essener Norden führte, plötzlich zusammenbrach. Sanitäter versuchten vergeblich, den Mann zu reanimieren, der kurz darauf im Krankenhaus verstarb. Der Veranstalter MMP zeigte sich von dem Vorfall tief betroffen. „Das ist unfassbar tragisch und traurig. Unsere Gedanken sind bei der Familie und den Angehörigen, denen wir im Namen aller unser tiefes Mitgefühl aussprechen“, äußerte sich Projektleiter Philipp Weber in einer Pressemitteilung.

107 Autos abgeschleppt

Ansonsten ging die Veranstaltung friedlich und ohne Zwischenfälle über die Bühne. Autofahrer hatten wegen der weiträumigen Straßensperrungen zum Teil Mühe, sich im Verkehr zurechtzufinden. „Da gab es die üblichen Diskussionen. Darauf waren wir aber bereits eingestellt“, sagt Polizeisprecher Olaf Brauweiler. In allen vier Teilnehmer-Städten wurden insgesamt 107 Autos abgeschleppt.

Für Klaus Berghaus ist der Vivawest-Marathon ein Pflichttermin – ebenso klar ist für ihn, dass er sich mit seinem Verein „Team Essen 99“ auf Zollverein postiert. „Das Herz schlägt hier“, sagt der 65-Jährige entschieden, denn Tradition verpflichtet: Sein Vater und Großvater waren beide Steiger. Er selbst ist früher auf Spitzenniveau gelaufen, heute möchte er andere Sportler motivieren, ihre individuellen Ziele zu erreichen. Das tut er auf seine ganz eigene Art, mit ein paar flotten Sprüchen und ermunternden Worten auf der Strecke. Zur Feier des Tages trägt er seine Bergmannsuniform.

Unter den Läufern ist auch ein junges Mädchen mit Behinderung, das an der Hand seiner Mutter an Berghaus vorbeizieht. Verschwitzt und abgekämpft, aber mit einem Strahlen im Gesicht. Die Zuschauer feuern die beiden mit einer La-Ola-Welle an. „Das ist klasse! Genau darum geht’s hier!“ freut sich Berghaus.

Unterstützung vom Straßenrand

Von Szenen wie diesen lebt der Marathon, denn mitmachen konnte auch diesmal jeder, der sich der Herausforderung gewachsen fühlte. Sieger des Marathons wurde Matthias Graute vom TRC Essen 84 – er schaffte die 42 Kilometer in 2:29:50. Publikumsmagnete waren zwar eher die Fanpoints auf Zollverein sowie in der Innenstadt, doch auch in den Wohngebieten feuerten die Anwohner die Läufer tatkräftig an.

Susanna Knüttel und Heidi Pusch etwa wohnen im Hugenkamp und haben den Lauf zum Anlass genommen, mit Familie und Freunden gemütlich auf dem Bürgersteig zu frühstücken. „Letztes Jahr haben wir gesagt: Wenn der Marathon an unserer Haustür vorbeizieht, machen wir ein Frühstück daraus“, sagt Susanna Knüttel und schüttelt kräftig eine Rassel. „Wir fanden es schade, dass in den Wohnsiedlungen sonst eher weniger los war und die Läufer streckenweise kaum angefeuert wurden. Das wollten wir ändern.“

In der City erreicht die Stimmung den Siedepunkt, als die ersten Läufer am Kennedyplatz eintreffen. Eine Sambagruppe begrüßt die Ankömmlinge mit Musik und brasilianischem Temperament. Decathlon-Mitarbeiter Jan Hauke steht schon seit acht Uhr früh am Stand. „Diesmal sind viele interessante Typen mitgelaufen. Darunter war zum Beispiel ein Mann im Pumuckl-Kostüm, der wohl einen Großteil der Strecke barfuß absolviert hat.“ Und so will mancher Sportler mit seiner Teilnahme auch eine Botschaft vermitteln – der „Pumuckl“ engagierte sich etwa für ein Projekt für Menschen mit Downsyndrom. Jan Hauke jedenfallls will im nächsten Jahr wieder dabei sein.