Essen.. Die Gruga-Therme schloss bei ihrer Gründung eine Lücke, denn für Wellness- und Sauna-Freunde war Essen lange Zeit Provinz. Spezial zum Bäder-Test.
Viele Jahrzehnte gab es hier das Gruga-Restaurant Blumenhof, und das lief zuletzt mehr schlecht als recht. Gleichzeitig war Ende der 1990er Jahre einigen Aktivisten im Umfeld des Essener Sportbunds klar: Es gibt einen Wellness-Trend, aber in Essen kann man ihn nur sehr eingeschränkt ausleben. Dass die Luft im Schatten des Grugaturms laut Messungen Kurort-Qualität erreicht, war dann der letzte Beleg dafür, dass das Projekt „Kur vor Ort“ mit Gruga-Therme und Sauna-Landschaft als Herzstück machbar erschien. 2006 ging die „Kurhaus im Grugapark gGmbH“ als gemeinnütziger Träger an den Start. Längst ist die Einrichtung aus dem Essener Freizeitangebot nicht mehr wegzudenken und erfreut sich einer treuen Stammkundschaft.
Der äußere Eindruck
Es ist üblich, Thermen eine Art gestalterisches Motto zu verpassen. Die Gruga-Therme hangelt sich architektonisch an den Themen Japan und Fernost entlang, macht das zum Glück aber nicht penetrant. Außerdem ist gerade dieser Stil ja ganz angenehm nüchtern. Hie und da gibt es ein paar Ausreißer mit billigen Plastikmöbeln, doch unterm Strich setzen Gartengestaltung und Möblierung auf Niveau. Große Klasse sind die erst jüngst hinzugekommenen Räume und Terrassen im Obergeschoss. Hier braucht die Gruga-Therme auch den Vergleich mit hochsubventionierten Edel-Saunalandschaften nicht zu scheuen, die es in deutschen Kurorten mittlerweile oft gibt. „Wir müssen unser Budget selbst erwirtschaften“, sagt „Kur vor Ort“-Chef Karsten Peipe. Das bremst naturgemäß allzu große Blütenträume.
Becken und Saunen
Die Gruga-Terme will eine kompakte Einrichtung sein, und das muss sie auch. Denn Raum zum Wachsen hat sie nicht, Park und Messe setzen Grenzen. Aber im Grunde ist alles da, was der Sauna-Freund braucht. Es gibt fünf klassische Saunen unterschiedlicher Hitze-Grade und Motti (etwa „Rosenquarz“) plus Dampfsauna, ferner warme bis sehr warme Bewegungsbecken innen und außen. In letzterem ist Textilfreiheit erlaubt, allerdings haben Grugaturm-Besucher freie Sicht auf die Nackten - stört nicht wirklich, sollte man aber wissen. Schön wäre ein Schwitzkasten mit echtem Feuer, aber der bleibt wohl aus Sicherheits- und Kostengründen ein Traum. Dafür will Peipe bis 2018 im Obergeschoss eine neue „Panorama-Sauna“ mit Aussicht in Richtung Grugapark bauen. Das Thermalwasser in den Becken - Sole-Gehalt bis zu 2,5 Prozent - kommt einmal im Monat im Tankwagen aus Bad Sülbeck in Niedersachsen.
Umkleiden und Sanitär
Teils der große Schwachpunkt. Die Herren-Umkleide ist viel zu klein und kommt nicht über Schulschwimm-Standard hinaus. Bei den Damen ist es etwas besser. Karsten Peipe weiß um das Problem, aber - siehe oben: Der Raum ist endlich, und was einmal falsch konstruiert war, lässt sich später kaum noch ändern. Reinigungsduschen und der Abkühlraum mit Kübeldusche, Schlauch, Schwallbrause etc. sind völlig ausreichend. Nur die Fußbecken aus Plastik - da gibt’s besseres.
Extras
Preise, Öffnungszeiten, Erreichbarkeit
Kur vor Ort/Grugatherme: Lührmannstr. 70, 85 61 00, www.grugaparktherme.de
Geöffnet: Mo-Do 9-22 Uhr, Fr- Sa 9-23 Uhr, So 9-19 Uhr. Lange Saunanacht 18-1 Uhr. Achtung: Montags ist Damentag, sofern der Montag kein Feiertag ist.
Preise: Zwei Stunden 14 Euro (Sa, So, Feiertag 16 Euro); Drei Stunden 16 Euro (18 Euro). Tageskarte 18 Euro (20 Euro). Tipp: mehrmals im Jahr gibt’s günstige Zehnerkarten-Angebote.
Anbindung: Komfortables Parken, wenn der direkt benachbarte Messeparkplatz zur Verfügung steht, was in Messezeiten oft nicht der Fall ist. Ersatz: Gruga-Parkplatz Lührmannstraße (relativ langer Fußweg, Rolltasche empfohlen). ÖPNV: U-Bahnlinie 11, Haltestelle Messe Ost/Gruga.
Atmosphäre
Am Anfang gab es viel Unsicherheit und manchen Ausreißer, doch inzwischen muss man sagen: Das Publikum kennt und lebt den Sauna-Knigge, und bei Verstößen schreitet das durchweg freundliche Personal auch ein. Inzwischen trifft man seltener auf Zeitgenossen, die nicht mal die zehn Minuten in der Sauna durchstehen, ohne die Klappe zu halten. Selten ebenfalls, dass Leute im Badeanzug zum Schwitzen Platz nehmen (Hygiene!) oder die fürs Abkühlen gedachten Duschen zum Shampoonieren missbrauchen. Auch enervierend laute Jungmänner-Gangs sind in der Gruga-Therme die große Ausnahme. Kleinlich? Nein, zum Erholen gehört nun mal ein Mindestmaß an Ruhe und Rücksichtnahme. „Unsere Besucher wollen das ausdrücklich so“, sagt Peipe, der wachsendes Ruhebedürfnis feststellt. Machtlos ist Peipe gegen den Messe-Lärm (etwa bei der Motorshow) und gegen Konzerte und Feste in der Gruga. Bei der falschen Musik nützt dann leider auch die schönste Sonnenterrasse nicht mehr viel. Merkwürdig übrigens, dass die Grugatherme auch selbst auf Beschallung setzt - etwa in manchen Ruheräumen und auf der neuen Sonnenterrasse.
Gesamtkonzept
Bewertung für die Gruga-Therme
Plus: Den Vergleich mit Edel-Saunalandschaften muss die Grugatherme verlieren, aber das ändert nichts an der positiven Gesamtwertung: Ein sympathischer Betrieb mit einem klaren Konzept, der um seine Grenzen weiß und in dem man sich gut aufgehoben fühlt.Minus: Es sind Kleinigkeiten, aber immerhin: Die Sonntagsöffnungszeit folgt nur bedingt den Bedürfnissen der Gäste, die an diesem Tag ja oft Zeit haben. Die etwas primitiven Umkleiden sind ein Problem. Und die interne Musikbeschallung - Geschmackssache.
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