Essen. Viele Kinder, die auf eine weiterführende Schule gehen, können nicht schwimmen. Daher empfiehlt Schulsportreferent Horst Melzer private Schwimmkurse.
Das Warten hat ein Ende, die Freude bei den Wasserratten ist groß: Diesen Freitag, 1. Mai, fing die Badesaison an, man kann wieder unter freiem Himmel schwimmen. Gerade die Kleinen springen gerne ins kühle Nass, doch dazu müssen sie erst einmal lernen, wie man schwimmt. Laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) können viele Jungen und Mädchen nach der Grundschulzeit nicht schwimmen – jeder sechste Grundschüler zwischen sieben und zehn Jahren.
Auch in Essen. In der Ruhrmetropole stehen im Gegensatz zu anderen Kommunen zwar neun Hallenbäder zur Verfügung. Trotzdem sind laut DLRG-Ausbildungsleiter Rüdiger Brandt ein Drittel der Kinder in weiterführenden Schulen nicht in der Lage, mehrere Bahnen am Stück zu schwimmen. Und das, obwohl regelmäßiger Schwimmunterricht angeboten wird.
Eltern verlassen sich auf Schulen
Das Problem ist nicht die Anzahl der Bäder, sondern eher die Ausbildung der Lehrer. „Man muss kein Schwimmlehrer sein, doch eine Prüfung, die bescheinigt, dass man rettungsbefähigt ist, ist unumgänglich“, sagt der Schulsportreferent der Stadt Essen Horst Melzer. Viele Schulen binden deshalb Eltern als Assistenten mit in den Unterricht ein. Aber eben nur, wenn eine Rettungsbefähigung vorliegt.
Aufgrund des großen Bäderangebotes der Stadt Essen legen viele Eltern die Schwimmausbildung in die Hände der Schulen. Als ehemaliger Schwimmlehrer bedauert Horst Melzer diese Einstellung, schließlich können die auch nicht alles möglich machen. Heißt: Nur, weil ein Kind in der dritten Klasse Schwimmunterricht hatte, ist es kein Garant dafür, dass es danach auch wirklich schwimmen kann – Feiertage, Ferien und Krankheit sorgen für Ausfall. „Viele Kinder haben noch keinerlei Schwimmerfahrung und müssen erst einmal ans Wasser gewöhnt werden“, weiß der Schulsportreferent und ergänzt: „Das kann mitunter einige Wochen dauern.“ Dabei sei es am wichtigsten, den Kindern ihre Angst zu nehmen und Spaß zu vermitteln.
Daher rät Melzer, einen privaten Kurs zu besuchen. „Ich sage immer: Wenn ein Lehrer einem Kind das Schwimmen beigebracht hat, dann hat er schon ein Leben gerettet“, betont er. Der ehemalige Schwimmlehrer bringt das Problem auf den Punkt. Gerade im Sommer gehen viele Eltern mit ihren Kindern in Badeseen schwimmen. „Es passiert sehr schnell, dass die Kinder den teilweise sandigen Boden unter den Füßen verlieren“, weiß Melzer.
Angebote an Schwimmschulen
Schwimmschulen und Vereine bieten eine Vorbereitung auf das Seepferdchen – Sprung vom Beckenrand und 25 Meter Brustschwimmen sowie das Herausholen eines Gegenstandes mit den Händen aus schultertiefem Wasser – und die folgenden Abzeichen wie Bronze, Silber und Gold an. Schwimmlehrer Heiner Helf von der gleichnamigen Schwimmschule an der Kreuzeskirchstraße in der Stadtmitte legt viel Wert auf eine frühe Ausbildung. „Ab vier Jahren beginnen wir mit dem Seepferdchen“, sagt Helf, der nicht nur das vorgegebene Programm abspult. Bei ihm müssen die Kinder auch zeigen, dass sie mit Kleidung schwimmen können. „So fallen sie nicht sofort in Panik, wenn sie mal unerwartet ins Wasser fallen.“ Wie viele Stunden dafür nötig sind, kann er nicht beantworten. „Jedes Kind lernt unterschiedlich schnell.“
Und das kann ganz schön ins Geld gehen. So kann je nach Vorerfahrung und Fortschritt des Kindes ein Kurs bis zum Seepferdchen 150 Euro oder mehr kosten. Wenn Heiner Helf einmal pro Woche für einen Monat ein Kind unterrichtet, sind 56 Euro fällig. Bei drei Monaten wären es 147 und bei sechs Monaten satte 243 Euro. „Natürlich klingt das erst einmal teuer. Allerdings sind die Kosten bei einer Wassertemperatur von 32 Grad auch ziemlich hoch“, erklärt der Schwimmlehrer. Die Schwimmschule Delphin unterrichtet in in Bergerhausen und Kettwig und nimmt für drei Monate mit jeweils 40 Minuten Unterrichtszeit 150 Euro.
Ab Bronze gilt man als sicherer Schwimmer
„Das Seepferdchen ist eigentlich nur eine Quittung, dass die Kinder eine Bahn geschwommen sind, egal wie“, sagt Rüdiger Brandt von der DLRG. Es bedeutet nicht, dass sie sich sicher im Wasser bewegen können. Es folgen noch viele weitere Stunden, bis man das behaupten kann. Ab Bronze gilt man laut Brandt als sicherer Schwimmer.
Im Gegensatz zu etlichen Schwimmschulen gibt es in der Stadt auch günstigere Angebote, etwa bei der DLRG (Hauptbad, Kettwig, Borbeck, Kupferdreh, Holsterhausen, Friedrichsbad). Es fällt ein jährlicher Mitgliedschaftsbeitrag in Höhe von 40 Euro an. Hinzu kommen 20 Euro für zwölf Unterrichtseinheiten, in denen der Eintrittspreis bereits enthalten ist. Schafft man das Seepferdchen in drei Monaten, so hat das gerade einmal 60 Euro gekostet.