Seit Einführung der Mülltrennung hat sich der Inhalt der grauen Müllbehälter halbiert. Die Entsorgungsbetriebe schätzen: Noch immer landen dort 10 000 Tonnen kostbares Papier im Jahr
70 Prozent der Essener haben sich in den letzten Wochen auf neue Leerungstermine der Mülltonnen einstellen müssen: Zum ersten Mal seit zehn Jahren haben die Entsorgungsbetriebe (EBE) ihre Touren neu geplant. Erklärtes Ziel: Angesichts explodierender Spritpreise sollen die Fahrstrecken deutlich kürzer werden. Nächste Woche beginnt die Feinjustierung.
"Gebt uns unseren alten Müllmann wieder!" Diese Bitte hat Rolf Friesewinkel in den letzten Wochen oft gehört, seit dem die Touren umgeplant worden sind. Die Müllwagen sollen wenn möglich die ganze Woche in einem Quartier bleiben, um Sprit und Fahrtzeit zu sparen. "Noch schrammt es an einigen Ecken", sagt der Geschäftsbereichsleiter der EBE. Bis Ende August soll die Müllabfuhr für alle Bürger wieder stundengenau planbar sein.
Auf 150 000 Gewichtstonnen im Jahr hat sich die Restmüllmenge der Stadt seit Einführung der Mülltrennung halbiert. Damit ist ein stabiler Sockel erreicht, schätzt Friesewinkel. Doch weitere Einsparpotentiale gibt es immer noch. Beim Papier zum Beispiel. 40 000 blaue Tonnen hat die EBE im Stadtgebiet verteilt - und stößt trotzdem noch auf bis zu einem Viertel Papieranteil in der Restmülltonne. 10 000 Tonnen Papier im Jahr seien noch aus dem Müll zu heben, schätzt Friesewinkel: Ein gutes Geschäft bei den explodierenden Papierpreisen. Auch in den gelben Tonnen landen oft noch viel zuwenig der vorgesehenen Wertstoffe (siehe Text unten).
Mit der Müllverwertung wird in den nächsten Jahren noch viel mehr Geschäft zu machen sein als bisher. "Die Rohstoffknappheit wird sich verschärfen", sagt Friesewinkel voraus. Er rechnet mit Knappheitspreisen unter anderem bei Papier und Holz, aber auch bei Kunststoff und Schrott. "Schon jetzt kommen die Schrottsammler uns bei Sperrmüllabfuhren zuvor."
Weil das so ist, wird die Mülltrennung attraktiver. Und die EBE ist bereit, finanzielle Vorteile an die Kunden weiterzugeben. Wer mehr Müll trennt, soll auch eine kleinere Restmülltonne bekommen und dafür weniger Müllgebühren zahlen, sagt Friesewinkel "Ob Tonnenanzahl, Größe oder Leerungszeiten: Wir können inzwischen über alles reden." Vorbei die Zeiten, in denen die Abfallsatzung der Stadt vorschrieb: Ein Vier-Personenhaushalt macht nun mal 140 Liter Müll die Woche. "Inzwischen bieten wir sogar 40-Liter-Tonnen an", sagt Friesewinkel. Nur den alten Müllmann kann er den Bürgern nicht mehr zurückholen. Aber: "Unsere Neuen sind auch sehr nett."