Essen. Stefanie Grebe leitet im Ruhr Museum eines der bedeutendsten Fotoarchive zur Industriegeschichte. Neue Galerie soll Teile des riesigen Bestands zeigen

Ihre erste berufliche Begegnung mit der Ruhrgebiets-Fotografie liegt schon eine ganze Weile zurück. Als Stefanie Grebe Ende der 1990er für einen Kollegen bei den Vorbereitungen zur Ausstellung „Als der Himmel blau wurde. Bilder aus den 60er Jahren“ im damaligen Ruhrmuseum einsprang, da konnte die Düsseldorferin angesichts der Fülle des Materials gleich „gute Nerven“ und Augenmaß beweisen. Einige frei betreute Projekte später, darunter zuletzt die große Chargesheimer-Schau auf Zollverein, ist die Kuratorin, Fotografin, Dozentin und Publizistin nun Leiterin der Fotografischen Sammlung und damit Nachfolgerin von Sigrid Schneider.

Schneider hat das fotografische Gedächtnis des Reviers über Jahrzehnte aufgebaut. Das Übersichtswerk „Von A bis Z. Fotografie im Ruhr Museum“, mit dem sich Schneider 2012 aus dem Amt verabschiedet hat, ist so etwas wie ein Bestandsaufnahme der Ruhrgebiets-Fotografie, an dem auch Grebe schon mitgearbeitet habe. „Ein Glücksfall“, wie die 50-Jährige heute weiß, sonst hätte es wohl Monate gedauert, sich mit der Sammlung vertraut zu machen.

Grebe, die Geschichte, Philosophie, Soziologie und in Essen auch künstlerische Fotografie studiert hat, war also bestens im Bilde, was auf sie zukam: Vier Millionen Aufnahmen, analoge Erinnerungen, Zeitgeschichte in Schwarz-Weiß, dazu die größte systematische Sammlung regionaler Pressefotografien von den 1930ern bis Ende der 90er. Und natürlich die Frage, wie man in Zukunft weiter sammelt und was: digital und/oder analog. spezielle Themen oder Autoren. „Natürlich muss man sich öffnen, sonst ist es irgendwann ein reines Vergangenheits-Archiv“, sagt Grebe, die mit ihrem Team an einem Konzept zum digitalen Sammeln arbeitet. Noch sei eine befriedigende Lösung nicht in Sicht.

Retrospektive widmet sich Erich Grisar

Und noch sind längst nicht alle Millionen Negative, Diapositive, Abzüge verschlagwortet und in der Online-Datenbank verfügbar. Jährlich kommen Tausende hinzu, eine Mammutaufgabe. Und regelmäßig sichtet Grebe schon wieder neue Sammlungen, die dem Ruhr Museum angeboten werden. Denn das Ruhrgebiet hat von jeher Fotografen angezogen, kaum eine Region kann ihre Geschichte so umfangreich in Bildern erzählen.

„Das Faszinierende ist, dass die Fotogeschichte hier so vollständig vorliegt“, so Grebe. Vieles davon ist in den vergangenen Jahren gezeigt, dokumentiert worden. Aber immer noch gibt es herausragende Positionen und Protagonisten zu entdecken. Für 2016 plant Grebe eine Ausstellung mit dem Dortmunder Arbeiterschriftsteller und Fotografen Erich Grisar in Kooperation mit der Zeche Zollern.

2018 soll eine zusätzliche Fotogalerie kommen

Überhaupt setzt sie auch auf Zusammenarbeit. Mit der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang, das in der Ausstellung „Conflict, Time, Photography“ gerade Leihgaben des Ruhr Museums zeigt, dem Historischen Archiv Krupp, der Folkwang Uni und dem Fotoarchiv des Ruhr Museums gebe es „vier starke Fotoinstitutionen, die zusammenarbeiten können“, sagt Grebe. Ab 2018 soll das Archiv mit einer zusätzlichen Fotogalerie außerdem die Möglichkeit bekommen, kontinuierlich weitere Arbeiten aus dem Bestand zu zeigen. Denn wie ungeheuer vielfältig und umfangreich der Bilderschatz ist, hat Stefanie Grebe längst erkundet – von A bis Z.