Essen. . Emsig, doch mit mediterraner Gelassenheit starten die Eisdielen in die Saison – die NRZ besuchte Konditor Giuseppe de Lorenzo in der Küche und schaute ihm bei der Produktion über die Schulter
Ohne den Wetterbericht für den nächsten Tag zu studieren, geht Giuseppe de Lorenzo abends nicht ins Bett. Denn ob es ein regnerischer Tag wird, oder die Sonne die ersten Gäste in seine Cafés an der Kettwiger Straße und am Limbecker Platz locken wird, ist für den Eiskonditor von großer Bedeutung: „Wenn es, so wie heute, schon etwas wärmer ist und die Sonne scheint, produzieren wir deutlich mehr Eis als sonst“, sagt er und weist auf vier massive Kessel, in denen die Milch mit den Grundzutaten für die beliebte Leckerei pasteurisiert wird. Die Küche des Eiscafés Toscani befindet sich derweil nicht in einem der beiden Ladenlokale, sondern in einem kleinen Hinterhof an der Steeler Straße.
Dabei durchläuft die Flüssigkeit alle Extreme des Thermometers: Zunächst wird die Masse auf 85 Grad erhitzt, um Mikroben und potenzielle Krankheitserreger abzutöten. Anschließend geht es ins Gefrierfach, wo das Gemisch aus Sahne, Milch, Stabilisator und anderen Zusätzen für die jeweilige Sorte auf minus 20 Grad schockgefroren wird. Diese Prozedur dauert gut fünf Stunden. Später wird das Eis weitergekühlt und fortlaufend von einer Maschine gerührt – dadurch entsteht die cremige Konsistenz. Was dann geschieht, birgt eine gewisse Magie: In zähflüssigen Strömen quillt frisches Vanilleeis aus der Maschine in einen Behälter. Der Italiener macht den Geschmackstest – einwandfrei.
Strenge Hygienevorschriften
Die hygienischen Anforderungen an die Produktion sind streng – regelmäßig stattet das Veterinäramt den Eisdielen einen Besuch ab, de Lorenzo und sein Team unterziehen sich auch freiwilligen Kontrollen. Bei der Rezeptur gibt es ebenso klare Vorschriften: Wenn etwa eine Sorte als Fruchtspeiseeis ausgewiesen wird, muss der Fruchtanteil mindestens 20 Prozent betragen. Bei de Lorenzo sind es sogar 30 – an das Eis, das am Ende in der Auslage landet, stellt er hohe Qualitätsansprüche.
„Wir verwenden nur natürliche Zutaten“, versichert er. „Keine Chemie oder Konservierungsstoffe.“ Anders als Speiseeis aus dem Supermarkt ist die kühle Köstlichkeit deshalb zum sofortigen Verzehr bestimmt. An einem vielversprechenden Geschäftstag wie heute bereitet de Lorenzo mit seinem Kollegen Vittorio Sperti gut 600 Liter Eis zu. Die Produktionsmenge richtet sich dabei stets nach dem Wetter.
Wie viele Waffelhörnchen an einem Tag über die Ladentheke gehen, ist auch eine Sache der Erfahrung. Sein Handwerk hat der 54-Jährige von seinem Vater gelernt. Die Eisdiele ist ein alter Familienbetrieb. Seine Familie stammt aus dem Bergdörfchen Cadore in der Provinz Belluno. Während der zweimonatigen Winterpause im Dezember und Januar verbringt Giuseppe de Lorenzo dann gern dort Zeit mit seinen Lieben. Die Erholung haben dann auch alle dringend nötig, denn die Arbeit ist in Stoßzeiten durchaus hart, wenn die Mitarbeiter an heißen Tagen mit den Bestellungen kaum nachkommen.
Gelati als italienischer Exportschlager
Auch die laufenden Kosten für die Herstellung wollen gedeckt werden, so fällt regelmäßig eine saftige Stromrechnung für die Kühlungsanlagen an. Ein Pasteurisator kostet in der Anschaffung etwa 16.000 Euro, die Maschinen bilden das Herzstück der Produktion.
Gab es in de Lorenzos Heimatort in den 50er-Jahren kaum Tourismus und viel Arbeitslosigkeit, sahen viele Dorfbewohner im Eisverkauf im europäischen Ausland ein veritabeles Geschäftsmodell. Bis heute mit Erfolg – auch, wenn sich das Konsumverhalten der Kunden mit den Jahrzehnten leicht verändert hat: „Die Leute haben immer gerne Eis gegessen. Allerdings fallen die Portionen heute kleiner aus – wenn sie früher vier Kugeln bestellt haben, sind es heute nur noch zwei.“ Wohl auch ein Zeichen von wachsendem Gesundheits- und Kalorienbewusstsein der Gesellschaft.
Ältere Leute bevorzugen derweil eher die Klassiker wie Schokolade, Stracciatella oder Erdbeere, während die Jüngeren sich gerne überraschen lassen. Sie zeigen sich bei ihrer Wahl experimentierfreudiger, weiß der Geschäftsmann: „Da muss man sich ständig was Neues einfallen lassen.“
Großer Anlauf am Wochenende
So gibt es immer mehr Modesorten auf dem Markt wie etwa „Nutella“ oder „Cookies“ – oft beruht dabei die Rezeptur auf bekannten Schokoriegeln. Ein Trend, dem Giuseppe de Lorenzo nur in Maßen folgt. „Das ist natürlich Geschmackssache.“
Und so freute man sich am Wochenende nicht nur bei Toscani über die frühlingshaften Temperaturen – auch bei „Kika’s Eiscafé in Werden und den übrigen Eisdielen brummte am Wochenende das Geschäft.
Der Verkaufsschlager im Essener Süden klingt nahezu gesund: Buttermilch-Waldfrucht. „Die Leute sind super gelaunt und die Schlange zieht sich schon von der Theke bis draußen an den Brunnen“, freut sich Inhaberin Monika Reinhardt. „Eben das perfekte Eiswetter – alles so, wie es sein soll. Was will man mehr?“