Essen. Das “Pick up“-Projekt der Suchthilfe Essen meldet große Erfolge. Dies geht aus einer ersten Zwischenbilanz hervor. Zehn Teilnehmer sind aktuell dabei.
Es ist einer der wohl wichtigsten Schritte für einen Menschen ohne Halt, Hoffnung und Obdach: Ein Teilnehmer des „Pick up“-Projektes für chronisch Süchtige in der Innenstadt hat tatsächlich den Weg von der Straße in eine eigene Wohnung gefunden. Zwei weitere haben immerhin gute Aussichten, es ihm gleichzutun. „Das ist ein großer Erfolg“, sagt Oliver Balgar von der Suchthilfe, die sich nach einem halben Jahr in ihrem Handeln mehr als nur bestätigt sieht. Nicht zuletzt dadurch, dass andere Kommunen wie zum Beispiel Köln und Oberhausen reges Interesse an dem Essener Modell zeigen, um der Trinker- und Drogenszene auf ihren Straßen und Plätzen mehr entgegensetzen zu können als nur eine wenig nachhaltige Ordnungspolitik.
Trotz aller anfänglichen Widerstände gegen das aus Amsterdam importierte und in der Republik einmalige Konzept für Drogen- und Alkoholabhängige ist den Verantwortlichen vor Ort nach nahezu einem halben Jahr klar: Ganz nüchtern betrachtet ist „Pick up“ eine saubere Sache – nicht nur für die Teilnehmer, sondern auch für die Essener Bürger und die auswärtigen Besucher der Innenstadt. Auf 250 Reinigungsgängen haben die derzeit zehn Teilnehmer der Maßnahme, die Arbeitsgelegenheiten für besonders arbeitsmarktferne Menschen bietet, Müll in einer Menge von der Straße geholt, der 45 große Container der Entsorgungsbetriebe füllte. „Besonders am Willy-Brandt-Platz ist eine deutliche Verbesserung auszumachen“, heißt es in dem ersten belastbaren Zwischenbericht der Suchthilfe, der der NRZ vorliegt.
Wieder ein Teil der Gesellschaft
Das dürfte eine nicht zu unterschätzende Leistung sein für Menschen, die im Schnitt seit über 20 Jahren von illegalen Drogen abhängig sind, die zum Teil mehr als vier Substitutionsbehandlungen, ebenso so viele Therapien und zehn Entgiftungen durchlaufen haben. Hat einer von ihnen die aktuelle Maßnahme im Rahmen der Gemeinwohlarbeit vorzeitig beendet, dann nur, weil er körperlich tatsächlich zu schwach war oder in seiner Freizeit einen Unfall erlitten hat, wie Oliver Balgar sagt. Von insgesamt 16 Männern und drei Frauen, die bei „Pick up“ einstiegen, mussten sechs aus den genannten Gründen vorzeitig das Handtuch werfen. Der jüngste Teilnehmer ist 32, der älteste 55 Jahre alt. Zurzeit sind alle Plätze in dem auf zunächst ein Jahr angelegten Projekt besetzt – mit offenbar hochmotivierten Menschen.
Denn wie die Teilnehmer selbst zu Protokoll gaben, nehmen sie die angebotenen Hilfen gerne in Anspruch, fühlen sich wieder als Teil der Gesellschaft, zumal sie von Passanten eine durchweg positive Resonanz für ihre Arbeit bekommen. Ihr Dasein habe so wieder einen Sinn, sie trinken tagsüber weniger und denken darüber nach, wie sie ihr Leben verändern können. Und das ist der vielleicht größte Erfolg von „Pick up“.