Essen. . Der Trend ist nicht nur bei der SPD gnadenlos: Die hat in Essen noch 4053 Mitglieder. Der demografische Wandel schlägt von links bis rechts durch.

Als sich mit der 25-jährigen Romina Eggert jüngst die neue Vorsitzende der Essener Jusos der Öffentlichkeit vorstellte, da stand das unverbrauchte Gesicht der jungen Nachwuchspolitikerin für jene Aufbruchstimmung, die sie in der SPD so gerne verbreiten würden. Denn der Blick auf die Mitgliederstatistik offenbart, dass die traditionsreiche Sozialdemokratie eine „Frischzellenkur“ dringend benötigt.

„Unsere Mitglieder sterben uns weg“, konstatiert Essens SPD-Vorsitzende Britta Altenkamp. Der Altersdurchschnitt der nur noch 4053 Mitglieder liegt inzwischen bei 57 Jahren. Mit 46 Prozent ist fast jeder zweite jenseits der 60 Jahre. Nur 15 Prozent sind im Juso-Alter, also nicht älter als 35. Und Genosse Trend ist gnadenlos. „Als ich vor mehr als 30 Jahren in die SPD eingetreten bin, zählte der Essener SPD-Unterbezirk noch mehr als 12.000 Mitglieder“, berichtet Altenkamp und schaut drein, als mochte sie es selbst nicht glauben.

CDU: von 7048 auf 2500

Doch die politischen Parteien durchleben, was auch Kirchen, Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Institutionen erfahren müssen: Ihre Bindungskraft lässt nach. Das gilt eben auch für die CDU. Die zahlenmäßig zweitstärkste unter den Essener Parteien zählt nur noch 2500 Köpfe. Zu Wendezeiten Anfang der 1980er- Jahre , als es hieß „Kohl muss Kanzler werden“, waren es 7048 – und nie wieder mehr. Heute ist der Essener Christdemokrat im Schnitt 62 Jahre alt, nicht einmal zehn Prozent der Essener CDU-Mitglieder sind unter 35. Kreisgeschäftsführer Norbert Solberg tröstet sich damit, dass die CDU bei Wahlen für Jüngere attraktiver ist.

Ihrem jugendlichen Image sind die Grünen längst entwachsen. „Unsere Mitglieder sind mit der Partei älter geworden“, so Joachim Drell vom Vorstand. Inzwischen liegt der Schnitt bei Mitte Vierzig. 413 Grüne führt Drell in der Mitgliederkartei. 2013 waren es 433. Da wurden die Grünen noch getragen von der Zustimmung, die Wahlforscher vor der Bundestagswahl auf einen Stimmenanteil jenseits der 20 Prozent bezifferten.

Mittlerweile ist die Zahl auf 333 gesunken

Dass der Bundestrend bis in die Parteiniederungen durchschlägt, musste auch die FDP erfahren. Dass die Mitgliederzahl nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag dennoch um 13 Prozent auf 346 Köpfe anstieg, wertet Parteichef Ralf Witzel als Trotzreaktion. Mittlerweile ist die Zahl auf 333 gesunken.

Abwärts ging es auch für die Linke von 360 Mitgliedern vor einem Jahr auf 295. Parteisprecher Michael Steinmann führt dafür aber vor allem „hausgemachte“ Ursachen an. Vor der Listenaufstellung für die Kommunalwahl hatten die zerstrittenen Parteiflügel eifrig neue Mitglieder geworben, die alsbald wieder verschwanden. Der Alterschnitt liegt laut Steinmann übrigens bei etwa 50, wobei den Linken gerade dieser Mittelbau fehle.

Dass der Reiz des Neuen allzu schnell verblasst, erlebte auch die Piratenpartei. Die Erfolgswelle, die sie 2012 in den Landtag spülte, ist verebbt: Von 300 Essener Piraten – dem Höchststand – seien 250 übrig geblieben.