Hein Mulders, Intendant von Aalto-Theater und Philharmonie, will neben den Raritäten des Opernbetriebs künftig auch wieder mehr Verdi und Rossini zeigen.

Hein Mulders ist es gewohnt, über lange Zeiträume zu denken. Wie es sich auf dem hart umkämpften Markt der großen Stimmen und viel gefragten Regisseure gehört, hat der Niederländer die nächsten zwei Spielzeiten am Aalto-Theater schon durchgeplant. Ende April wird er das neue Programm für die Saison 2015/2016 vorstellen, die Verträge für 2017 sind praktisch schon gemacht. Zwei Jahre vergehen schnell, das hat Mulders in seinem Doppelamt als Intendant von Aalto und Philharmonie wohl stärker denn je gespürt. Die großen Vorhaben, dem Essener Publikum neue Regie-Handschriften, Klangfarben und auch manche weitgehend unbekannte Entdeckung des Opernrepertoires vorzustellen, hat er mit Verve verfolgt. Am Ende der Spielzeit wird sich die Lust am Anderen aber auch in einer leicht sinkenden Auslastung widerspiegeln.

Doch der Intendant verspricht Änderungen. In den nächsten zwei Spielzeiten sollen auch wieder „Renner“ des Repertoires auf den Spielplan finden – ein großer Verdi, ein populärer Bellini und Rossini. Mulders’ Vorstellung von Musiktheater entspricht trotzdem keineswegs nur einem Potpourri der großen Hits und populären Namen: „Ich bin kein Intendant, der einen Hype-Regisseur nach dem anderen bringt. Ein Grammy-Award-Schauspieler, der eine Inszenierung macht, die eigentlich todlangweilig ist, aber alle schauen des Namens wegen trotzdem drauf, das interessiert mich nicht. Ich bin interessiert an gutem Handwerk.“

In Zukunft gibt es wieder mehr Eigenproduktionen

Gefragte Opern-Handwerker wie Stefan Herheim sind gleichwohl fast nur noch in Kooperation mit anderen großen Opernhäusern zu bekommen. Dennoch soll die Zahl der Co-Produktionen zurückgefahren werden. „In der nächsten Spielzeit werden wir noch einmal drei von fünf Abenden in dieser Konstellation herausbringen. In der vierten Spielzeit wird es nur Neuproduktionen geben, die wir selber herausbringen“, sagt Mulders. Inszenierungen wie Christoph Loys Bellini-Glanzstück „La Straniera“ in Zusammenarbeit mit Wien und Zürich hatte in der ersten Spielzeit zwar für begeisterte Publikumsreaktionen gesorgt, doch die Verfügbarkeit ist begrenzt, da das Stück auch an den anderen Häusern gezeigt wird. „Die Produktion dann für drei Abende nach Essen zu holen, wäre extrem kostenaufwendig“, erklärt Mulders.

Beim Publikum hatte es zuletzt jedoch Irritationen darüber geben, dass Neuproduktionen oft für ein paar Wochen „en bloc“ zu sehen sind, und dann für den Rest der Spielzeit vom Spielplan verschwinden. Manchem fehlt die gewohnte Abwechslung des Repertoire-Theaters. Eine Einschätzung, der Mulders widerspricht. „Unsere Disposition unterscheidet sich kaum vom Soltesz-Spielplan der letzten Jahre, deshalb bin ich immer wieder erstaunt, dass das jetzt so unterschiedlich wahrgenommen wird.“ Wenn Vorstellungen dichter getaktet seien, liege das vor allem daran, wie man die Sänger oder Dirigenten verpflichten könne. „Wir werden versuchen, die Termine in Zukunft etwas mehr zu streuen. Aber man will das neue Stück nach der Premiere auch mehrmals anbieten können.“

Das Aalto als Karrieresprungbrett

Mulders Augenmerk gilt bei der Spielplangestaltung vor allem der Besetzung: „Für die Qualität der Inszenierung ist es immer besser, wenn das Stück nicht drei Monate später noch mal auf die Bühne geworfen wird, womöglich mit zwei, drei Umbesetzungen“, erklärt der 52-Jährige.

Personelle Veränderungen gibt es auch hinter der Bühne. Chefdramaturg Alexander Meier-Dörzenbach und seine junge Kollegin Janina Zell verlassen das Haus. Zell wird von Essen aus an die Hamburger Staatsoper wechseln, ein echter Karrieresprung. Auch auf herausragende Talente im Ensemble hat die Opernwelt ein Auge geworfen. Tenor und Aalto-Preisträger Abdellah Lasri bekäme inzwischen Angebote aus aller Welt, sogar die New Yorker „Met“ habe schon angefragt, berichtet Mulders. „Wir müssen uns wirklich bemühen, ihn am Haus zu halten. Er bleibt auch noch, weil er weiß, dass er hier seine erste große Chance bekommen hat. Aber Karrieren müssen sich auch entwickeln können.“

Über die Frage, wie er selber auf Anfragen anderer Häuser reagieren würde, muss Mulders nicht lange nachdenken. „Mein Werdegang stellt eigentlich unter Beweis, dass ich kein Springer bin. Vor Essen habe ich meine Ämter in Antwerpen und Amsterdam über viele Jahre lang ausgeübt.“ Im Moment will er vor allem eines – sich selber künstlerisch treu bleiben.