Essen. Die entscheidende Frage ist weiter unbeantwortet: Hat GVE-Geschäftsführer Andreas Hillebrand allein gehandelt, als er die Museums-Millionen umleitete?

Ein altbekanntes Muster: Nicht der Skandal selbst ist oft für die Beteiligten das größte Problem, der Umgang damit produziert erst den wirklichen Schaden. Das zeigt nun erneut auch der Fall der städtischen Grundstücksgesellschaft GVE und die Zweckentfremdung des Instandhaltungskonto für das Museum Folkwang.

Dass ein Rechtsanwalt den Oberbürgermeister anzeigt, wäre in normalen Zeiten keine Nachricht. Jeder von uns kann jederzeit bei Polizei und Staatsanwaltschaft angezeigt werden, ohne dass dies irgendwelche Bedeutung haben muss. Hier liegt der Fall aber so, dass auch nach der ausführlichen Verteidigungsschrift von GVE-Geschäftsführer Andreas Hillebrand einige entscheidende Fragen offen sind, auf die Reinhard Paß möglicherweise Antworten hat, wenn auch nicht zwingend haben muss.

Erstens: War es wirklich so, dass Hillebrand ganz allein entschieden hat, die von einem sicheren Notaranderkonto abgeforderten Museums-Gelder eben nicht mehr auf ein Sonderkonto zu legen, sondern in den allgemeinen Cash-Pool der GVE zu legen? Zweitens: Warum hat das Beteiligungsmanagement der Stadt nicht härter nachgefasst, als klar wurde, dass Hillebrand dieses Konto heillos überzog, zumal keiner recht wusste, dass er das Geld fürs Stadion brauchte? Und drittens: Ist wirklich niemandem bei der Stadt aufgefallen, dass dabei ausgerechnet die „heilige“, mit Berthold Beitz und der Krupp-Stiftung ausgehandelte Museums-Rücklage zumindest fürs Erste verfrühstückt wurde?

Der für das Beteiligungsmanagement zuständige Stadtkämmerer, die für die GVE zuständige Baudezernentin und der Oberbürgermeister sind zumindest mal drei Funktionsträger, von denen man annehmen könnte (nicht muss), dass Hillebrand sie fragte, sie ins Vertrauen zog oder mehr oder weniger offen Rückendeckung von ihnen erbat. Vielleicht hat der GVE-Geschäftsführer auch alles mutterseelenallein mit sich ausgemacht – diese Variante ist ebenfalls möglich, obwohl sie nicht sehr lebensnah wäre. Hillebrand selbst hätte es in der Hand, endlich umfassend aufzuklären und darzulegen, wie es denn nun genau war.

Solche oder ähnliche Gedanken macht sich jedenfalls auch der junge Rechtsanwalt Felix Aden und zeigt OB Reinhard Paß an. Der Schritt ist zum jetzigen Zeitpunkt sehr weitgehend und man wird sehen, was dabei herauskommt, aber völlig aus der Luft gegriffen sind die mutmaßlichen Thesen und Verknüpfungen im Kopf des Anwalts eben nicht.

Felix Aden nun hat einen Vater, der Menno mit Vornamen heißt und über die AFD-Liste in den Stadtrat einzog. Er findet anscheinend das Vorgehen seines Sohnes falsch, was schon mal vorkommt in Vater-Sohn-Beziehungen. Und jetzt wird’s wirklich lustig, jetzt sind wir fast bei „Dallas“ und im „Denver Clan“: Menno telefoniert mit der Stadtverwaltung und lässt Paß übermitteln, er distanziere sich von Felix, dem Filius – so erzählt es jedenfalls Paß. Und der OB fackelt nicht lange und breitet den Vater-Sohn-Konflikt dann mit Behagen im sozialen Netzwerk Facebook öffentlich aus.

Mag sein, dass ich jetzt ein wenig ehrpusselig werde, aber ich finde, sowas gehört sich für einen Oberbürgermeister nicht. Das gilt selbst dann, wenn Paß – durch andere Affären angeschlagen – nervös ist wegen dieses neuen Skandals, dessen Bugwellen von der Zentrale der GVE im Etec-Gebäude längst bis an die Rathaus-Türen schlagen.