Essen. Stephania Fischer-Weinsziehr war neun Jahre lang Polizeipräsidentin – als erste Frau in Essen. Ende des Monats geht sie in den Ruhestand. Eine Bilanz.
Was Stephania Fischer-Weinsziehr nach ihrem letzten Tag an ihrem Arbeitsplatz im Polizeipräsidium tun wird? „Aufräumen“, sagt die 65-Jährige. Im Büro wird sie zunächst ihre Gemälde abhängen und die Skier mitnehmen, die ihr die Kollegen nach einem Skiunfall geschenkt haben. Das kantige rote Sofa bleibt; das gehöre ihr nicht. Ein kleines Polizeiauto (auch ein Geschenk), kommt mit.
Zu Hause, das ist in Münster geblieben: „Das habe ich meinen Männern versprochen“, erinnert sich Stephania Fischer-Weinsziehr an die Gespräche mit Mann und Sohn, als vor neun Jahren ihre berufliche Entscheidung fiel und die Juristin Essens Polizeipräsidentin wurde. Seitdem ist sie jeden Morgen um 5.15 Uhr aufgestanden – „manchmal bin ich auch bis halb sechs liegen geblieben.“ Blickt sie heute auf diese Jahre, „ist die Zeit verflogen, und ich habe mich keinen Moment gelangweilt.“
Fusion der Präsidien Essen und Mülheim
Immerhin stand gleich nach ihrem Einstand die Fusion der Präsidien Essen und Mülheim an. „Es war ein ziemlicher Kraftakt, aber es funktioniert.“ Ebenfalls viel Kraft hat die Einführung des Direktionsmodells gekostet, als in den Bereichen Gefahrenabwehr, Kriminalität, Verkehr und zentrale Aufgaben (Verwaltung) neue Direktoren eingesetzt wurden. Ebenfalls 2007 kam die Loveparade. „Ich war dagegen“, sagt die Präsidentin, die sich das nicht vorstellen konnte. Sie verhinderte es aber nicht, und es war toll, sagt sie rückblickend, die Tragödie in Duisburg aber bestätigte ihre Bedenken – Spaßbremse nannte sie da keiner mehr.
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Die Eigenschaften, mit denen sie sich in ihrer Führungsposition beschreibt: Durchsetzungsstärke und die Fähigkeit, zu vermitteln. Wichtig war ihr, „immer authentisch zu bleiben“, sagt Stephania Fischer-Weinsziehr, die eine Behörde leitet, in der 80 Prozent Männer arbeiten. Für sie kein Problem: „Ob die Männer welche hatten, weiß ich nicht“, sagt die Chefin, die zuvor als Leiterin der Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung Münster durchaus unter Männern in grauen Anzügen auffiel. „Da reizte es mich, etwas Rotes anzuziehen.“ Schon in der Schule übte sie sich als Sprecherin, war eine, die den Mund aufmachte und die zu Hause die älteste von vier Geschwistern war: „Ich bin mit Brüdern groß geworden.“ Ihre Erfolge im Beruf aber sind Mannschaftsleistungen, betont sie: „Keiner führt allein.“
Neubau der Polizeiinspektion Rüttenscheid hat nicht funktioniert
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Stephania Fischer-Weinsziehr weiß vor allem, wie respektlos Polizisten auf der Straße oft behandelt werden, während sie geduldig und höflich ihren Job machen. „Mir stünde mein Temperament im Weg“ – sie könnte das nicht.
Was ihr in Essen gelungen sei, mit Stadt, Sozialverbänden und Kirchen, ist das Netzwerken. Es sind Kooperationen, die für sie zur Definition von Polizeiarbeit gehören: „Wir haben an einem Strang gezogen, wenn es etwa um Kriminalität ging.“ Essen sei eine sichere Stadt, sagt sie. „Wir haben zwar von allem etwas: Rocker und Rechte, Libanesen wie Salafisten sowie eine mäßige linke Szene, aber keinen riesigen Schwerpunkt“. Sie sieht daher Essen als Auge des Orkans, der Sturm tobt drumherum. Das liege an der guten Polizeiarbeit. Die hätten andere Präsidien sicher auch, „aber hier funktioniert es vielleicht besser.“ Was nicht funktioniert hat: der Neubau der Polizeiinspektion Rüttenscheid. So kämpft die Polizei weiter mit katastrophalen Zuständen an der Norbertstraße. Ein Erbe, das Nachfolger Frank Richter übernimmt.
Stephania Fischer-Weinsziehr wird nach Essen wiederkommen: „Das Interesse hört ja nicht mit dem Ruhestand auf“, sagt sie und ihr Mann, vielleicht würde der nun gar umziehen. Ob am Baldeneysee oder Aasee: Sie wird gern an die Feier zum 100-jährigen des Präsidiums und an die Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres auf Zolleverein denken, eine bleibende Erinnerung: „Es war saukalt, nass und schneite.“ Klasse war es, sagt die Polizeichefin, die das bis zum 31. März im Präsidium ist. Bleiben wird dort ihr Bild eingerahmt hinter Glas. Sie wird oben im Saal an der Wand neben ihren Vorgängern hängen: als erste Frau.