Essen. . Die Stadt Essen wirft dem Geschäftsführer ihrer Immobilientochter GVE, Andreas Hillebrand, schwere Untreue vor, weil Folkwang-Millionen im Stadion Essen verbaut wurden.

Für den Geschäftsführer der „Grundstücksverwaltung Essen“ (GVE), Andreas Hillebrand, wird die Luft langsam dünner. Das Rechtsamt der Stadt wirft dem Chef der städtischen Immobilientochter nach WAZ-Informationen schwere Pflichtverletzungen vor, in dem die GVE Millionen in den Bau des Stadion Essen gesteckt hat, obwohl diese als Rücklage für das Museum Folkwang bestimmt waren. Der Pflichtverstoß des Geschäftsführers erfülle den Tatbestand der schweren Untreue. Von Seiten der Stadt bestehe gegenüber der GVE Anspruch auf Schadenersatz in voller Höhe. Eine entsprechende Stellungnahme des Rechtsamtes erreichte den Aufsichtsrat der GVE wenige Minuten vor seiner Sitzung am Montag. Hillebrand muss nun mehr denn je um seinen Job fürchten.

Warum die Kosten für den Stadionbau augenscheinlich aus dem Ruder liefen, blieb auch gestern unbeantwortet. Noch im September waren die Gesamtkosten im Finanzausschuss des Stadtrates auf 42,8 Millionen Euro beziffert worden. Tatsächlich liegen sie, wie erst jüngst bekannt wurde, um 6,7 Millionen Euro höher. Schuldig bleibt Hillebrand auch eine Antwort auf die Frage, warum er für die Deckung der Mehrausgaben keinen politischen Beschluss einholte, stand doch im Rat der Stadt eine breite Mehrheit hinter dem Projekt. Stattdessen bediente sich der GVE-Geschäftsführer jener Gelder, die ihm fürs Folkwang Museum anvertraut worden waren – insgesamt soll es um 5,6 Millionen Euro gehen.

Finanzbehörden forderten nachträglich eine Million Euro

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Und er besorgte sich frisches Geld aus dem Cash-Pool der Stadt, als die GVE in Zahlungsschwierigkeiten geriet. Als Gesellschafter wird die Stadt ihre Tochtergesellschaft nicht im Regen stehen lassen, um ihren Zahlungsverpflichtungen weiter nachzukommen, kann die Tochtergesellschaft weiter auf den Cash-Pool zugreifen; auch das ist ein Ergebnis der gestrigen Sitzung.

Der Stadt gegenüber hätte Hillebrand die finanziellen Probleme im Zusammenhang mit dem Stadionbau jedoch viel früher anzeigen müssen. Das Rechtsamt wirft Hillebrand vor, seinen Informationspflichten gegenüber der Beteiligungsverwaltung nicht nachgekommen zu sein. Letzteres gelte auch für die Steuerprüfung durch die Finanzbehörden. Diese forderten nachträglich eine Million Euro von der GVE – als Ausgleich für eine „verdeckte Gewinnausschüttung“ zu Lasten der Stadt hätte die Immobilientochter nach Auffassung der Prüfer durch die Verpachtung des Stadions doch höhere Einnahmen erzielen können.

Wolff-Gruppe gibt Pressekonferenz zu Bauprojekten

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Der Aufsichtsrat nahm die Ausführungen des Rechtsamtes zum Anlass, um seinerseits einen Wirtschaftsjuristen mit einer Prüfung zu betrauen. Augenscheinlich will das Kontrollgremium ganz auf Nummer sicher gehen, bevor es dem Gesellschafter, also der Stadt Essen, personalrechtliche Konsequenzen gegenüber Hillebrand empfiehlt. Dies könnten in eine Kündigung des Geschäftsführers münden. Hillebrand hat sich inzwischen selbst einen Anwalt genommen, auch um die Vorwürfe gegen seine Person zu entkräften. Die Zeit drängt. Bereits am kommenden Freitag will der Aufsichtsrat erneut zusammen kommen.

Für den morgigen Mittwoch hat die Wolff-Gruppe, die das Museum Folkwang und das Stadion gebaut hat, zu einer Pressekonferenz geladen. Thema: die aktuelle Sachlage zu den von der GVE beauftragten Bauprojekten. Klingt so, als könnte es ungemütlich werden.