Essen. Bewerbung formulieren, Talent fördern oder die Hand halten: Bei der ersten Aktionswoche zum Ehrenamt stellen Essener ihr Engagement vor.

Als Jens Wientapper vor rund drei Jahren nach Essen zog, wollte er „Stadt und Leute kennenlernen“, sagt der 72-Jährige und wählte dazu ein Ehrenamt. Seitdem engagiert er sich beim Projekt Tandem und unterstützt einen Schüler. Von anfänglichen Schwierigkeiten und kleinen Erfolgen erzählte der Diplom-Kaufmann am Samstag auf der Bühne in der Rathaus-Galerie. Es war der Abschluss der ersten Aktionswoche zum Ehrenamt: „Essen engagiert – ich mach mit“.

Für Besucher gab es Informationen von Mitarbeitern der Ehrenamt-Agentur, Vereinen wie „Paten für Arbeit“, Lesebündnis oder Kinderschutzbund. Nach der Premiere zeigte sich Gabriele Micklinghoff, bei der Stadt zuständig für das Thema Ehrenamt, mit der Resonanz zufrieden. Der Plan: „Wir wollen diesen Austausch regelmäßig anbieten, vielleicht zweimal im Jahr.“ Gehört doch das Thema bürgerschaftliches Engagement zu Essens Strategie 2030. Und Bürger springen regelmäßig auch in Bereichen ein, die sich eine Kommune mitunter nicht mehr leisten kann.

Ehrenamtliche wie Jens Wientapper investieren vor allem Zeit. So dauerte es bei ihm und seinem Schützling anderthalb Jahre, bis Vertrauen wuchs. „Erst hat er mich nur gefragt, ob ich ihm vor der Mathearbeit helfe“, erzählt der Mentor. Gewonnen habe er den Jugendlichen aber, als der verriet, dass er gern koche. Seitdem backen sie zusammen. Der Schüler hat ein hohes technisches Verständnis und möchte in dem Bereich arbeiten, sagt Wientrapper, der ihn für so begabt hält, dass einiges mehr drin sei. „Erstmal Abitur“ – davon weiß sein Schützling noch nichts. Er aber wird ihm zur Seite stehen, wenn der Schüler das angehen will.

"Eine tiefe Erfahrung für mich"

Albert Brandhorst ist an der Seite von Menschen, deren Leben zu Ende geht. Früher arbeitete er als Ingenieur und Altenpfleger, heute hilft im Steeler Hospiz. Das ist aber nur einer seiner freiwilligen Einsätze, denn der 67-Jährige ist ein Multi-Ehrenämtler: Er kümmert sich auch als „Pate für Arbeit“ um einen Schüler, der gern Mechatroniker werden will. Brandhorst hilft bei der Lehrstellensuche, „was sich bei einem Hauptschüler schwierig gestaltet.“

Erfolge verbucht Albert Brandhorst indes im Amt Nummer drei, wenn er merkt dass die Grundschüler in Kray mit seiner Hilfe bei den Hausaufgaben was kapieren. Zweimal in der Woche betreut er eine kleine Gruppe im Offenen Ganztag. „Rechnen, lesen und Dönekes machen“, beschreibt er seine Aufgaben dort.

So verschieden die Bereiche sind, die Voraussetzung für Albert Brandhorst war bei allen, dass sein Engagement den Menschen gilt: „Das Ehrenamt muss sinnvoll sein und Freude bereiten“, sagt er und beschreibt die Situation, in der er einen Menschen beim Sterben begleitet. „Diese Begegnung bedeutet eine tiefe Erfahrung für mich“, sagt der 67-Jährige, der als Altenpfleger hat viele Menschen einsam sterben sehen. Jetzt hat er Zeit und hilft: „Das bereichert auch mein Leben.“