Essen. . Radio, Navi oder Handtasche: Vor allem Profibanden brechen in Essen tausende Pkw auf. Erwischt werden sie fast nie, der Schaden geht in die Millionen.
Alle zwei Stunden wird in Essen ein Auto aufgebrochen. Diebe haben es auf Navis, Lenkräder, Autoradios oder Handtaschen abgesehen. So hoch die Zahl der Einbrüche im Jahr 2013 mit 4266 Fällen war, so ernüchternd war die Aufklärungsquote mit 4,4 Prozent (189 Fälle). Damit liegt diese Zahl noch fast zehn Prozent unter der bei Wohnungseinbrüchen.
Heißt meistens: Wer Opfer eines Autoknackers wird, sieht seine Sachen nie wieder. Der Gesamtschaden beläuft sich auf bis zu 4,3 Millionen Euro jährlich. Daher klärt etwa die Polizeiliche Kriminalprävention Bürger mit ihrer Kampagne „Vorsicht: Asphalt-Klauboys!“ auf.
Zivile Einsatzkräfte verstärkt unterwegs
„Das ist nicht nur ein Thema, das die Menschen bewegt“, sagt FDP-Landtagsabgeordneter Ralf Witzel, der die Zahlen beim NRW-Innenministerium erfragte. Vielmehr sei die Aufklärungsquote geradezu eine Einladung für alle Täter, „wenn die in mehr als 95 Prozent der Fälle unentdeckt bleiben“, sagt er, nicht ohne seine Kritik am Blitzmarathon zu wiederholen, der regelmäßig 1000 Stunden Arbeitszeit koste: „Und das ist nahezu eine Nullnummer.“ Würde die Polizei stattdessen einen Serientäter beim Autoaufbruch erwischen, wäre das immerhin ein abschreckendes Signal, sagt Witzel und fordert einen Schwerpunkt auf die Kriminalität zu legen.
Längst geschehen laut Ministerium. Im Vorjahr sei das zuständige Fachkommissariat personell verstärkt worden. Zivile Einsatzkräfte seien verstärkt an Brennpunkten und dort im Einsatz, wo sie identifizierte Tatverdächtige vermuten. Hinweise auf erkannte Tatserien oder -verdächtige steuert die Dienststelle „tagesaktuell an alle Einsatzkräfte“, formuliert das Land und nennt erste Erfolge. So ist es den Beamten seit Dezember 2014 gelungen, drei Serientäter zu identifizieren, denen sie bislang 14 Pkw-Aufbrüche nachwiesen. Zwei weiteren Tätern einer Bande haben sie gleich 43 Aufbrüche zur Last gelegt – und die Männer festgenommen.
Autoknacker sind organisiert und spezialisiert
Kommissare beraten zum Schutz vor Autoknackern
2012 erreichte Essen eine Spitze bei Autoaufbrüchen: 5417 Fälle waren es, damals lag die Aufklärungsquote (AQ) bei 6,7 Prozent. 2011 wurden 3889 (AQ 3,5) und ein Jahr zuvor 4109 (AQ 2,9) Autos aufgebrochen.
Tipps zum Schutz vor Autoknackern gibt es im Präsidium beim Kommissariat für Kriminalprävention. Wer sein Auto etwa per Fernbedienung schließt, sollte prüfen, ob es tatsächlich zu ist, sagt Kriminalkommissar Jürgen Dahles. Täter haben mitunter Störsender und lauern damit auf großen Parkplätzen wie im Rhein-Ruhr-Zentrum oder in Parkhäusern am Limbecker Platz. Zudem sollte die Halterung für ein mobiles Navi nicht an der Scheibe bleiben, so Dahles, der auch zu Alarmanlagen berät: Di-Do, 9-15 Uhr, 1. Sa im Monat, Büscherstr. 2-6. Tel. 0201- 829 44 44
Dass die Aufklärung solcher Serien die Quote mitunter sprunghaft ansteigen lässt, das zeigt ein Beispiel: So hat etwa der Kreis Minden-Lübbecke in den ersten sechs Monaten des Vorjahres eine Aufklärungsquote von mehr als 53 Prozent. Die dortige Polizei aber zeigt sich bescheiden: „Wir sind weder besser noch schlechter als andere Behörden“, so Sprecher Ralf Steinmeyer. Allein, ihnen sind Anfang 2014 mehrere dicke Fische ins Netz gegangen. Ob nun in Essen dank der Ermittlungserfolge die Gesamtzahlen für 2014 besser ausfallen werden, bleibt abzuwarten – noch liegen die Zahlen nicht vor.
Fest steht laut Ministerium, dass hinter vielen Autoaufbrüchen spezialisierte, überörtlich agierende Tätergruppen stecken. Die fallen über ein Viertel her und sind oft über alle Berge, wenn Opfer die 110 wählen. Die Polizei reagiere aber seit 2013 auch mit verstärkten länderübergreifenden Kontrollen auf diese Profis. Und die machen auch vor Politikern nicht halt, bestätigt Ralf Witzel, dessen Auto vor einiger Zeit aufgebrochen wurde – dieser Fall landete in der Bochumer Statistik.